Gespräche zwischen Iran und UNO-Staaten: In trauter Atomrunde
Am Montag treffen sich in Genf wieder Vertreter Irans und der "Sechsergruppe". Die iranische Regierung will "höchstens am Rande" über ihr Nuklearprogramm reden.
GENF taz | Erstmals seit Oktober 2009 finden am Montag und Dienstag in Genf wieder offizielle Gespräche zwischen Iran und der sogenannten Sechsergruppe statt. Diese besteht aus den ständigen Mitgliedsstaaten des UNO-Sicherheitsrates (USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien) sowie Deutschland. Für die EU nimmt erstmals die neue Außenbeauftragte Ashton teil. Konkrete Ergebnisse sind allerdings kaum zu erwarten.
Die Sechsergruppe verfolgt das erstmals Anfang 2005 von der EU formulierte Ziel, Teheran zur Aufgabe der Urananreicherung zu bewegen. Zudem fordert sie von Iran eine verbesserten Kooperation mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien.
Roh-Uran aus iranischer Produktion
Doch die iranische Regierung, die am Wochenende mitteilte, dass iranische Wissenschaftler erstmals Rohuran aus inländischer Produktion an eine Anlage zur Herstellung von Kernbrennstoff in Isfahan geliefert hätten, will in Genf höchstens "am Rande" über ihr umstrittenes Nuklearprogramm reden. Insbesondere westliche Regierungen verdächtigen Teheran, mit diesem Programm die verbotene Entwicklung von Atomwaffen zu betreiben.
Bei der letzten Gesprächsrunde im Oktober 2009 hatten sich Iran und die Sechsergruppe im Grundsatz auf einen Kompromiss geeinigt. Danach sollte Iran einen Großteil seines Urans zur Anreicherung nach Russland oder Frankreich liefern und von dort die Brennstäbe für sein Atomkraftwerk erhalten. Doch die Umsetzung dieser Vereinbarung scheiterte an Detailfragen.
Im Mai dieses Jahres unterzeichnete Irans Präsident Ahmadinedschad in Teheran mit seinen Amtskollegen aus der Türkei und Brasilien, Erdogan und Lula, ein Abkommen. Danach wollte die Islamische Republik einen Großteil ihres angereicherten Urans zur Herstellung von Brennstäben in die Türkei liefern. Das Abkommen entsprach einer Vereinbarung, zu deren Vermittlung US-Präsident Obama Lula und Erdogan in einem Schreiben vom April ausdrücklich ermuntert hatte.
Trotz dieser Vorgeschichte lehnte die Obama-Administration das Abkommen von Teheran ab und setzte im UNO-Sicherheitsrat eine weitere erhebliche Verschärfung der erstmals im Dezember 2006 gegen Iran verhängten Wirtschaftssanktionen durch. Über die nach langem Zögern auch von Russland und China mitgetragene UNO-Resolution 1929 hinaus verhängten die USA und die EU noch schärfere bilaterale Sanktionen gegen Iran.
Diese Sanktionsmaßnahmen haben spürbare Auswirkungen auf die iranische Wirtschaft, inklusive des Energiesektors. Für die Zeit ab Mitte 2011 rechnen Experten gar mit einem negativen Wirtschaftswachstum. Doch vor allem betroffen von den Sanktionen ist nicht das Regime in Teheran, sondern die Zivilgesellschaft: die Mittelschicht, die Privatwirtschaft und die Verbraucher. Gestärkt wird die ökonomische Machtposition der Herrschaftselite, insbesonders der Revolutionären Garden.
Die Garden, die Flug- und Seehäfen kontrollieren, können weiter auf blühende Geschäfte durch oftmals "dunkle Kanäle" setzen. Die "grüne Bewegung" steht in ihrer Mehrheit gegen Sanktionen. Die Oppositionspolitiker Musawi und Karrubi lehnten wirtschaftliche Strafmaßnahmen wiederholt ab, weil darunter das Volk leiden, das Regime jedoch gestärkt würde.
Denn Irans Hardliner können auf einen Westen verweisen, der mit den Sanktionen auf die Unterjochung des iranischen Volkes ziele. Da die Sanktionen kein Einlenken Teherans erbracht haben, drängt Israel bei der Obama-Administration immer stärker auf ein militärisches Vorgehen gegen Irans Atomanlagen. Öffentlich unterstützt wurde diese Forderung in den letzten zwei Wochen von einigen neugewählten republikanischen Kongressmitgliedern in Washington.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels