Standbild: Gespensterposse
■ "Schlagbaum", ARD
„Schlagbaum“, Sonntag, 23.10 Uhr, ARD
Panzerketten knirschen, von melodramatischen Klängen untermalt: Die Sowjets ziehen ab. Hohe Zeit für Ganoven. Michael– jung, ölig, geldgeil – betreibt in der ostdeutschen Provinz einen Automarkt und verhökert nebenbei Waffen aus sowjetischen Kasernen. Der Handel blüht ebenso wie das Geschäft mit Rohstoffen und Know-how für Atomanlagen. Drehbuchautor Hans-Werner Honert, von der Fernsehfilmabteilung des ORB als Kenner der GUS ausgewiesen, begann vor knapp zwei Jahren in Deutschland und der Sowjetunion zu diesem Thema zu recherchieren. Seine Ergebnisse verarbeitete er im Script für „Schlagbaum“. Das behauptet er zumindest.
Noch bevor die Abwicklung des Deutschen Fernsehfunks begann, wurde das Buch im Sommer 1991 hastig verfilmt (Regie: Fritz Bornemann). Die allzu große Eile ist sichtbar: Handlungslinien verlaufen ins Ungewisse, die Figuren bleiben blaß, als wären sie Teil einer Gespensterposse. Dialoge sind bis zur Lächerlichkeit banal: Bei jeder Ungerechtigkeit, die ihnen widerfährt, fragen sich die Sowjetsoldaten, wie dies nur möglich sein könne – ausgerechnet im sauberen Deutschland. Eine russische Jüdin (wo sie herkommt und hingeht, weiß der Wind) rätselt am gleichen Problem.
Die Totale zu Beginn – rot- weiße Sperre im Grünen auf sandigem Weg – gibt den Titel. „Schlagbaum“ – wahrscheinlich soll das auf die Isolation sowjetischer Soldaten in der DDR hinweisen. Ein weiteres Indiz dafür sind die Musikanten im Offiziersklub. Sie dudeln russische Folklore – und keiner hört zu. Einem der Soldaten ist ein Mord angehängt worden – und niemand hilft.
Aber immerhin kommt schließlich wie der Geist aus der Flasche ein Mann aus Moskau. Sergej, mit Verschwörermiene und Hotelzimmer ausgestattet, ist nicht etwa vom KGB, sondern von der Moskauer Regierung beauftragt, den Waffenverkäufen im deutschen Städtchen ein Ende zu setzen. Gefangen wird ein russischer Offizier. Der deutsche Zwischenhändler Michael bleibt ungeschoren — auch wenn er schon mal gemordet hat. Aber nicht einmal für die Leiche interessiert sich jemand. Auch nicht Regisseur Fritz Bornemann, der den Fall Michael gen Ende gar nicht erst mehr aufnehmen mag. „Die Deutschen haben den Krieg eben doch noch gewonnen“, tönt es mit leichtem Berliner Akzent aus vermeintlich russischen Mündern. Friederike Freier
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