: Gesparte Sozialkarte kostet Millionen
■ Sozialämter sollen Sozialhilfeempfängern nach Einzelfallprüfung Zuschüsse zur BVG-Umweltkarte zahlen. Auf die Bezirke kommen schätzungsweise 46 Millionen Mark Mehrausgaben zu
Der Senat saniert den Landeshaushalt auf Kosten der Bezirke: Die Streichung der BVG-Sozialkarte zum 1. Juli 1996 wird bei den Bezirken zu Mehrausgaben in Millionenhöhe führen. Denn die Sozialämter sind von Senatorin Beate Hübner (CDU) in einem Rundschreiben angewiesen worden, im Einzelfall zu prüfen, ob einem Sozialhilfeempfänger ein Zuschuß zur Umweltkarte zu gewähren ist. In diesem Fall müssen die Bezirke die Differenz von 58 Mark zwischen dem Eigenanteil von 35 Mark und dem Preis für die Umweltkarte übernehmen. Die BVG hatte die Sozialkarte abgeschafft, nachdem die Landeszuschüsse um 56 Millionen Mark gekürzt worden waren. Die Folgekosten müssen nun die Bezirke tragen.
Wenn nur die Hälfte der 200.000 Sozialhilfeempfänger Berlins diesen Zuschuß erhält, kostet dies die Bezirke 46 Millionen Mark, rechnete gestern die Kreuzberger Sozialstadträtin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) vor. Für ihren Bezirk rechnet sie mit zusätzlichen Ausgaben von 4,6 Millionen Mark, die aus Sozialhilfemitteln bestritten werden müssen. „Das Geld hat der Bezirk nicht.“ Sie kritisierte, daß „mit einer Hand gespart und mit der anderen Geld ausgegeben wird“.
Einen Antrag auf einen Fahrtkostenzuschuß können nach dem Schreiben der Sozialsenatorin diejenigen stellen, die regelmäßig mehr als 10 bis 11 Fahrten monatlich unternehmen. Dies gilt für Sozialhilfeempfänger, die am Programm „Hilfe zur Arbeit“ teilnehmen und für den Weg zu ihrer Tätigkeit auf Bus und Bahn angewiesen sind. Zuschuß gibt es auch für Fahrten zu Bewerbungsgesprächen. Des weiteren gilt die Regelung für Schüler, deren Schulweg unverhältnismäßig lang ist, für Alleinerziehende, deren Nachwuchs in einer weiter entfernten Kita untergebracht ist, und für Elternbesuche bei getrennt lebenden Kindern. Ob der Zuschuß gewährt wird, ist eine Ermessensfrage.
Stadträtin Junge-Reyer befürchtet, daß die Ermessensprüfung in den Bezirken unterschiedlich gehandhabt wird. Sie kritisiert auch den erheblichen Mehraufwand für die ohnehin überlasteten MitarbeiterInnen der Sozialämter. Es sei auch „völlig unsinnig“, die Hilfeempfänger mit einer weiteren Antragsprozedur zu belasten.
„Eine Einzelfallprüfung ist unumgänglich“, erklärte Hübners Sprecherin Gabriele Lukas. In welchen Zeiträumen eine Bedarfsprüfung erfolge, liege ebenfalls im Ermessen der Sachbearbeiter. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft und Betriebe hat am 23. Mai in einem Bericht an das Abgeordnetenhaus angekündigt, mit der Senatsverwaltung für Soziales eine Lösung zu finden. Allerdings soll diese kostenneutral sein. Bislang haben die Gespräche allerdings nicht zu Ergebnissen geführt. „Es gibt Überlegungen, daß die BVG den Bezirken Mengenrabatte gewährt“, erklärte dazu BVG-Sprecher Klaus Wazlak. „Wenn die Kalkulation stimmt und das ohne großen Aufwand möglich ist, stehen wir dem nicht ablehnend gegenüber.“ Dorothee Winden
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