Gesichtserkennung an britischer Schule: Versuchskaninchen Schüler
Großbritannien ist mal wieder ganz weit vorne auf dem Weg zur Big-Brother-Gesellschaft. Jetzt testet eine Schule Gesichtserkennung. Die Industrie freut sich.
Wenn eine Firma das Produkt, das sie herstellt, verschenkt, hat das meist einen einfachen Grund: Niemand will es eigentlich haben. Geschenkt bekommt allerdings jeder gerne etwas, dann kommt es auch nicht so sehr darauf an, ob man das, was einem da untergejubelt wird, auch wirklich braucht. Oder was für Folgen seine Nutzung hat.
Eine britische Schule hat sich jetzt von gewieften Vertretern der Biometrie-Firma "Aurora" ein System zur biometrischen Gesichtserkennung aufschwatzen lassen. Die Technik soll helfen, Zuspätkommer zu identifizieren und Schwänzer auffliegen zu lassen. Kernstück ist ein Gesichtsscanner, der Personen mit Hilfe von Infrarotlicht identifiziert. Geplant ist, dass die Schüler sich zuerst über eine persönliche Identifikationsnummer ausweisen und dann vom Gerät verifizieren lassen.
In der Schule erhofft man sich so offenbar eine bessere Übersicht über An-und Abwesenheiten der Schülerschar. So eine Art Stechuhr für die Lernfabrik, nur moderner. Dass man sich zugleich als eine Art Showroom oder als Testgelände für eine unausgereifte Technik hergibt, scheint die Verantwortlichen nicht zu stören.
Kritische Elternvereinigungen laufen gegen das Vorhaben Sturm und erinnern daran, dass die Schule eigentlich ein Ort der persönlichen und vertrauensvollen Beziehung von Schüler und Lehrern sein sollte. Außerdem würden die Kinder so durch Gewöhnung in den Überwachungsstaat eingeübt.
Biometrische Erkennungssysteme sind an Großbritanniens Schulen dabei nichts Ungewöhnliches. An mehr als 3500 Schulen stehen Fingerabdruckscanner bereit, von rund 700.000 Kindern sind die Abdrücke gespeichert. Anwesenheitslisten sind dabei nur eine Funktion, meist geht es um Serviceleistungen. So können Schüler an Mensakassen ihr Essen bezahlen oder in der Bibliothek Bücher ausleihen.
Leser*innenkommentare
Kati
Gast
Jedem das was er verdient. Sorry, ich habe kein Mitleid mit irgend jemanden. Homebanking, EC-Karten, Handys, Internetüberwachung, Bonuskarten... wer nutzt denn diesen ganzen Krempel? Der Pöbel bezahlt sogar noch für seine eigene Überwachung und strahlt übers ganze Gesicht. Vielleicht kommt bald die Zeit in der der Mensch aufgrund seiner schiwndenen Intelligenz einfach ausstirbt.
Dummheit wird im Leben nun einmal bestraft.
Das verrückte an der Sache ist, es ist nichts neues. Alles schon mehrmals in unserer Geschichte passiert. Aber es ist so anstrengend sich mit der Vergangenheit auseinander zu setzen (:-{}
Peter Niebert
Gast
Eine gigantische Überwachungsmaschine wird Schritt für Schritt installiert. Unsere Innenstädte sind schon voll von Überwachungskameras, deren Bilder aufgezeichnet werden ... und die sich in der Regel niemand ansieht. Harmlos also? Wenn im nächsten Schritt die Technologie der Gesichtserkennung mit diesen bereits installierten Kameras gekoppelt wird, fallen plötzlich ganz andere Daten an, gekoppelt mit den Bewegungsdaten unserer Handys, die wir freiwillig mit uns herumtragen.
"1984" entsteht nicht in einem Tag, aber irgendwann werden wir merken, dass wir dort angekommen sind. Dort wieder herauszukommen, wird sehr schwer.
Jakob
Gast
Ich finde nicht, dass man erst duestere Zukunftsszenarien heranziehen muss, um zu entscheiden, dass es nicht richtig ist Schueler per Gesichtserkennung zu ueberwachen. Es war mein Verstaendnis, dass wir nun in einer "Freien Welt" leben in der sich niemand ueberwachen oder in irgendeiner Weise persoenlich einschraenken lassen muss. Wenn ich dann aber sowas lesen muss, dass es Schuelern durch totale, lueckenlose Ueberwachung unmoeglich ist zu spaet zu kommen (haha), dann koennte mir fast einfallen diesen "Check der Freiheit" (Schoenen Gruss an Dr. King) einloesen zu wollen, der mir von den Verfassungsverfassern ausgestellt wurde.
advocatus diaboli
Gast
Dass aus einem Land wie England Nachrichten kommen, die beim blossen Hinhoeren weh tun, wundert nicht. Vertrauen wird gegen CCTV getauscht!
Wird die Welt gefaehrlicher, oder werden gewisse Leute aus der Politik paranoider...?!
Warum manche englischen Schulen keine Hemmung haben das Klassenbuch durch einen Gesichts-Scanner zu ersetzen ist mir unverstaendlich.
Nun gut, vielleicht doch:
So koennen Schwaechen der Lehrer wie z.B. die Inkompetenz, den Ueberlick ueber die eigene Klasse zu wahren, ausgemerzt werden. Die Kehrseite der Medaille, es wird die Faulheit des Lehrers unterstuetzt, der nebenbei sein (Selbst-)Vertrauen dem Scanner verliehen hat. Und das Schlimmste: er macht sich unmuendug!
Low 'brain-storming' as a result ain't not unpredictable.
Dann finde ich's nur verstandlich, dass CCTV in all seinen Formen einen so grossen Anklang findet; leider!
Raubwaldy
Gast
schueler sind creativ - denen faellt bestimmt was ein um das system auszuhebeln...
Giernot
Gast
So etwas nennt man willige und vor allem kostenlose Versuchskanninchen.
In der Regel sind jugendliche noch nicht so kritisch und vorsichtig wie Erwachsene, da sie ganz andere Schwerpunkte im Leben haben. Das bedeutet, dass sie seltener Widersprechen und sich derartige Dinge gefallen lassen. Schließlich sind sie irgendwann daran gewohnt und wundern sich später auch nicht mehr, den selben Prozess beim Einstieg in die Bahn, am Arbeitsplatz uns überall woanders ebenso über sich ergehen zu lassen.
Und ist dieses Ding ersteinmal installiert, läßt es sich dann auch verkaufen. Und plötzlich kann keiner mehr ohne dem Ding leben.
Aber wieder einmal ein Beweis dafür, wie verblödet unsere Gesellschaft ist. Sogar Nacktscanner am Flughafen erscheinen streng konservativen Christen als in Ordnung. Warum ziehen wir uns nicht gleich vor aller Leute aus, lassen uns RIF's mit unseren DNS-, Konto- und Adressdaten einpflanzen und verbinden unser Gehirn mit dem Internet auf das der Staat uneingeschränkten Zugriff hat.
Glaubt mir, die BILD-lesende Bevölkerung würde sich nicht dagegen wehren.
Ganimesh
Gast
Die Ursache wird wieder einmal ignoriert. Das kranke Schulsystem lässt sich auch mit solchen Mitteln nicht heilen.
smurf
Gast
Wenn die SchülerInnen sich schon während der Schule an diese Art der Überwachung gewöhnen wird sie wahrscheinlich auch im späterem Leben eher akzeptiert.
Wenn sie sich dann auf eine lebenslange Überwachung anpassen müssen werden sie ihr Verhalten darauf einstellen. Sie werden jederzeit gleichgeschaltet und Individualitätslos agieren, weil sie es sich zu keiner Zeit mehr erlauben können aus der Reihe zu fallen.
Wenn sich nichts dagegen tut und die totale Überwachung sich durchsetzt wird das weitreichende Änderungen für die gesammte Gesellschaft bedeuten, die zumindest ich noch nicht absehen kann.
Wir dürfen gespannt sein...
Malea
Gast
Das System wird sich nicht durchsetzen, weil es den Lehrern irgendwann zu peinlich wird, wenn jeder sehen kann, dass vor allem sie selbst ständig zu spät kommen... Aber wahrscheinlich sind deren Daten nicht im System. Ansonsten gilt für die Eltern: Dagegen vorgehen, notfalls gerichtlich. Oder besser gleich die Schule wechseln, dann lohnt sich das System wegen der geringen Schülerzahl nicht mehr...
Zions Rache
Gast
ich sag nur 1984 - big brother is watching you
Günter Kolowski
Gast
So was ist Horror. Warum die Medien und die Intellektuellen gegen so was nicht Sturm laufen, ist mir ein Rätsel. Wie voll ist wohl unser aller Magen, dass so was leider möglich ist. Ein Weiser hat mir mal gesagt, auch Demokratien sind eine Art Diktatur, nur keiner merkt es.
Sunny
Gast
In anderen englischen Schulen wurde die biometrische Erkennung wieder deinstalliert, weil es bei der Essensausgabe zu langen Warteschlangen gekommen ist.
ToM
Gast
Die Eltern laufen Sturm dagegen? Hoffentlich bringt das was. Gegen solche und andere Dinge sollten wir alle mehr tun und uns nicht jeden Mist gefallen lassen. Sonst sieht es irgendwann düster aus. Meine Meinung...
helen
Gast
Also, bei uns hats das einfach Klassenbuch auch getan.
Wenn man zu spät kommt oder schwänzt sollte das ein Lehrer doch eh mitbekommen. So ein Scanner ist doch vollkommen ueberfluessig...