Gesetzespaket zur Vorratsdatenspeicherung: Das beschließt der Bundestag
Am Freitag will der Bundestag ein zwiespältiges Gesetzespaket von Justizministerin Zypries beschließen. Mit neuartigen Eingriffen in die Bürgerrechte - und ein paar Verbesserungen.
Besonders umstritten ist die neu eingeführte Vorratsdatenspeicherung. Sie verpflichtet alle Telekommunikationsfirmen, die Verbindungsdaten im Telefon-, E-Mail- und Internetverkehr sechs Monate lang zu speichern.
Bei Festnetz- und Mobiltelefonaten muss gespeichert werden, wer mit wem wie lange telefoniert hat. Bei Mobiltelefonen wird auch der Standort festgehalten. Ebenso ist zu speichern, wer wann an welche Adresse eine E-Mail geschrieben hat. Schließlich muss auch gespeichert werden, wer in welchem Zeitraum mit welcher IP-Adresse einen Internetdienst benutzte.
Die Daten werden aber nicht von der Polizei, sondern von den Telefongesellschaften und Internetprovidern gespeichert und bleiben auch auf deren Computern. Nur bei einem konkreten Verdacht soll die Polizei die Daten für Ermittlungen nutzen können.
Dass die Polizei im Verdachtsfall auf Verbindungsdaten zugreifen kann, ist nicht neu. Bisher waren die Ermittler aber davon abhängig, dass die Telefongesellschaft oder der Internetanbieter die Daten zu Abrechnungszwecken speichert. Früher war das die Regel. Für Flatratekunden braucht man jedoch keine Verbindungsdaten mehr. Außerdem konnten Telefonkunden bisher der Speicherung widersprechen. Die Zwangsspeicherung soll deshalb sicherstellen, dass solche Daten bei Bedarf trotzdem noch vorhanden sind.
Die Verbindungsdaten können für die Polizei hilfreich sein, um kriminelle Netzwerke aufzuklären ("Wer kennt wen?"). So kann auch nach einer Straftat deren Vorbereitung in den vergangenen sechs Monaten nachvollzogen werden.
Die Inhalte von Telefongesprächen und E-Mails werden bei der Vorratsspeicherung allerdings nicht präventiv gespeichert. Telefonate und E-Mails können deshalb nur ab dem Zeitpunkt inhaltlich überwacht werden, ab dem ein Richter das Abhören und Mitlesen genehmigt.
Bei dieser Form der Telekommunikationsüberwachung verspricht das Gesetz nun einige Verbesserungen. So soll erstmals gesetzlich geregelt werden, dass Telefonate mit Pfarrern, Strafverteidigern und Abgeordneten nicht abgehört werden dürfen, außer diese sind selbst verdächtig. Bei Journalisten, Ärzten und normalen Rechtsanwälten muss allerdings - wie bisher - nur die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme geprüft werden.
Der "Kernbereich privater Lebensverhältnisse" ist künftig auch am Telefon geschützt. Wenn erkennbar ist, dass mit der Familie oder engsten Freunden gesprochen wird, darf die Polizei erst gar nicht mitschneiden. Was dennoch aufgenommen wurde, muss gelöscht werden. Zypries setzt damit ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts um.
Außerdem sollen Betroffene künftig nach Abschluss geheimer Ermittlungsmaßnahmen häufiger unterrichtet werden. So ist eine richterliche Genehmigung erforderlich, wenn die Benachrichtigung aus polizeitaktischen Gründen länger als ein Jahr unterbleiben soll.
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