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Gesetz zu ausländischen BerufsabschlüssenÄrzte müssen nicht länger Taxi fahren

Per Gesetz wird nun die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse beschleunigt. Hoffungsschimmer für manch ausländischen Akademiker, der bisher Taxi fahren musste.

Manch Taxifahrer ist Arzt oder Lehrer, darf als das aber hier nicht arbeiten. Bild: pbecker / photocase.com

BERLIN taz/afp | Nun ist das Gesetz durch: Im Ausland erworbene Berufsabschlüsse sollen in Deutschland künftig schneller anerkannt werden. Migranten sollen somit die Möglichkeit haben, qualifizierte Berufe ausübern zu können. Der Bundestag hat am Donnerstagabend einen Gesetzentwurf der Regierung gebilligt.

Das sogenannte Anerkennungsgesetz soll helfen, eine Vielzahl ausländischer Berufsausbildungen auch im Handwerk oder in der Verwaltung anzuerkennen. "Schade, dass wir so lange dafür gebraucht haben", sagte Bildungsministerin Annette Schavan (CDU), als sie vor einigen Tagen einen Bildband vorstellte, der 100 deutsch-türkische "Erfolgsgeschichten aus Wirtschaft und Wissenschaften" präsentiert. Für dessen schwierige Geburt macht Schavan auch die Bedenken der Berufsverbände verantwortlich.

Die meisten Experten sehen das ähnlich. Denn mit dem Gesetz erhalten alle Einwanderer einen Anspuch darauf, dass ihre Qualifikation innerhalb von drei Monaten überprüft wird. Bislang hatten nur Spätaussiedler und Bürger aus EU-Staaten dieses Vorrecht.

"Ein wichtiger Schritt" sei das, lobte Klaus Bade, der Vorsitzende des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR), dem wichtigsten Gremium auf diesem Gebiet. "Er kommt aber für viele zu spät". Denn wer hier trotz Berufsabschluss, den er in Russland, im Iran oder in Peru erworben hat, jahrelang als Taxifahrer oder Putzfrau gearbeitet hat, dem hilft das Gesetz kaum dabei, wieder Anschluss an sein ursprüngliches Berufsfeld zu finden.

Kein Anspruch auf Beratung

"Noch ein bisschen halbherzig" findet auch Aydan Özoguz, die migrationspolitische Sprecherin der SPD, das neue Gesetz, "auch wenn der Weg richtig ist". Nur einem Teil der betroffenen Menschen werde damit geholfen. Das Gesetz betrifft vorerst nur etwa 350 Ausbildungsberufe wie Ärzte, Pflegekräfte und Handwerker, für die der Bund zuständig ist. Die Länder hingegen arbeiten noch daran, für jene Berufe, für die sie zuständig sind – etwa Lehrer, Ingenieure oder Erzieher – neue Regeln zu finden.

"Es ist ein fundamentaler Fehler, dass es keinen Anspruch auf Beratung geben soll", nennt Özoguz einen weiteren Kritikpunkt. In jedem Bundesland herrschen andere Regeln, wer für die Anerkennung von Abschlüssen zuständig ist. Nicht nur Betroffenen fällt es schwer, in diesem Durcheinander durchzublicken.

"Eine zentrale Behörde, an die sich ein Zuwanderer wenden kann", wünscht sich daher auch Dagmar Maur von der Otto-Benecke-Stiftung. Sie leitet das Aqua-Programm, das ausländischen Akademikern eine Weiterbildung vermittelt, und weiß aus Erfahrungen, wie schwierig es für afghanische Mediziner und russische Lehrerinnen ist, in ihrem ursprünglichen Beruf hierzulande Fuß zu fassen.

Das neue Gesetz sei sicher "ein Fortschritt", sagt sie. Mehr Menschen würden nun wohl die Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse beantragen. Aber ob auch mehr davon anerkannt würden, da ist sie skeptisch. Sie wünscht sich mehr Hilfe, etwa gezielte Sprachförderung für Akademiker. Und finanzielle Unterstützung, damit eine erforderliche Nachqualifizerung nicht am Geld scheitert.

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5 Kommentare

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  • AI
    Arzt in Weiterbildung

    Es ist ein toller Schritt aber mich interessiert jetzt ob ich als Arzt in Weiterbildung aus Bosnien mit fast 3 Jahren insgesamt Erfahrung und 1 Jahr lang in Weiterbildung den Recht habe ohne Gleichwertigkeitspruefung in Deutschland weiter arbeiten darf. Fuer jede Antwort waere ich sehr dankbar!

  • P
    Pili

    Ich bin Apothekerin aus Argentinien, habe eine eigene Apotheke in meinem Land gehabt. Die habe ich verkauft, da ich mein deutscher Mann geheiratet habe und wir nach Deutschland gekommen sind, weil er seinem Studium fertig machen musste. Seit 18 Jahre bin ich in Deutschland und habe in alles möglichst gearbeitet: Putzfrau, an der Bahn bei Daimler, Rittersport, Telegärtner, Altenheim etc.

    Seit knapp 3 Jahre arbeite ich in eine Apotheke als Aushilfe immer unter der Aufsicht ein approbierte Apotheker, und bin das Mädchen für alles. Ich mache Viele Fortbildungen. Mein Chef ist ein toller Mensch, das an mich geglaubt hat. Mein größter Wunsch ist die Approbation, damit ich ihn auch vertreten kann.

  • A
    aurorua

    Papier ist geduldig, ich gehe davon aus, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten trotz Diplom, Meisterbrief etc. entsprechend überprüft werden, bevor diese Abschlüsse anerkannt werden.

    Wir hatten ja auch schon ehemalige Briefträger die sich nach der Wende mit Erfolg für eine Chefarztstelle in der Psychiatrie beworben hatten, dort jahrelang praktizierten und sogar Gerichtsgutachten erstellten. Blender und Täuscher gibt es ja nicht bloß bei uns (Koch-Merin, Guttenzwerg...)!

  • TF
    Taxi fahren

    Checkertests denn Wissen ändert sich: Man müsste für 2 Euro bei der Stadtverwaltung auf Pads Tests machen müssen. Dann hat man Labels und kann sich auf die entsprechenden Ausschreibungen bei GigaLocal und Arbeitsamt usw. bewerben. Das gilt für Deutsche die 20 Jahre Arbeitslos waren oder noch nie gearbeitet haben oder auch für jeden Ausländer. Also für alle gleich. Die Bauunternehmer müssen dann Leute mit den entsprechenden Labels einstellen deren Tests (je nach Label) maximal 1-2 Jahre alt sind. Die Tests enthalten dann so Fragen, das man keinen Bauschaum für Fensterabdichtungen benutzen darf und Passworte salten muss und Profiltiefe von Autos usw. je nachdem welche Labels man will. Das ist eine feingranularere Alternative zu Ausbildungsberufen wo man vor 40 Jahren einen Gesellenbrief bekam aber jetzt hier ganz andere Normen für z.b. Erdgas-Brenner existieren. Und weil Hilti-Straßenschneide-Maschinen anders bedient werden als die von Caterpiller muss man auch für sowas Checkertests haben und bei den Bewerbungen fordern. Hilti sorgt dann schon dafür, das die Interessenten per Internet kostenlos die Straßenschneidemaschinen (theoretisch) bedienen können.

     

     

    Sowas könnte man kostenlos ratz fatz aufziehen und macht weniger Arbeit als Wikipedia und seine Deleter-Warz oder die bei den Piraten immer noch nicht etablierten Liquid-Democracy-Systeme. Wenn man nicht abgemahnt würde, könnte eine Privatperson das aufsetzen. Aber die Gewerkschaften, Grünen, Piraten und Linke müssen erst gewählt sein und 500.000 Ministerial-Pöstchen besetzen, bevor sie auch nur einen Schlag mehr als Reden können.

    Tja. Schade.

     

    Miese Handwerker und Ärzte machen Euch kaputt und die Opfer sieht man ständig im TV. Berufs-Bildung ist ständige Aktualisierung. Leider interessiert die Gewerkschaften das nicht. Aber dann heulen wenn die Leute ihre Wohnung selber reparieren weil sie totalen Hass auf teure schlampige Handwerker, Schlüsseldienst-Mafia, Fensterbauschaum-Mafia und Umzugs-Mafia haben.

  • M
    mein_Name

    Fachkräftemangel, Fachkräftemangel, ich kann diese scheis Lüge nicht mehr hören! Es mangelt nicht an Fachkräften, es mangelt an Firmen die für anständige Arbeit anständiges Geld zahlen!

    Wenn Firmen für Aushilfsjobs die jeder Depp machen kann der einmal Excel gesehen hat umbedingt Ingenieure haben wollen, und denen dann mickrige 36k bezahlt, wenn solche firmen jammern das sie nicht genug "Fachkräfte" bekommen dann bekomm ich das kalte Kotzen! Gebt den Fachkräften die ihr habt Jobs die ihnen würdig sind, und gebt die Aushilfsjobs den abermillionen Arbeitslosen!