Gesellschaftskritik: Keine Rosenkriege in Italien
WAS SAGT UNS DAS? In Italien hätte ein Staatsanwalt einen Feminizid verhindern können, nun wurde er angezeigt
Marianna Manduca war sich der tödlichen Gefahr bewusst, die von ihrem gewalttätigen Ehemann Saverio Nolfo drohte. Immer wieder sprach sie auf der Polizeiwache in der sizilianischen Kleinstadt Palagonia vor, erzählte von den Schlägen, den Drohungen, dem Messer, mit dem ihr Mann sie bedrohte.
Allein im Zeitraum Juni bis September 2007 hatte sie sieben Anzeigen erstattet, ohne jeden Effekt. Am 3. Oktober 2007 starb die 32-jährige Mutter dreier Kinder, getötet mit ebenjenem Messer. Jetzt verurteilte ein Gericht in Messina die Regierung zur Zahlung von 250.000 Euro an die Kinder Manducas, denn die Justiz habe ihre Anzeigen ignoriert und so „unentschuldbare Nachlässigkeit“ gezeigt.
Zeitgleich berichten die Zeitungen von einem weiteren Mord. Ein 19-Jähriger hatte seine schwangere Freundin erdrosselt und dann eine Affekttat geltend gemacht. Doch die Ermittler fanden heraus, dass er kurz vor der Tat gegoogelt hatte, mit den Suchbegriffen „Mord mit bloßen Händen“ und „wie lasse ich eine Leiche verschwinden“.
Jeden dritten Tag wird in Italien eine Frau ermordet, in zwei Dritteln der Fälle durch den Partner oder den Ex. Früher wurden diese Verbrechen als „Delikte aus Leidenschaft“ verniedlicht, und noch vor wenigen Jahrzehnten kamen die Täter als „Ehrenmörder“ mit einer Strafe von drei bis sieben Jahren davon; der Paragraf wurde erst 1981 gestrichen. Heute hat sich der Begriff „Feminizid“ durchgesetzt, heute auch stuft es das Gesetzbuch als strafverschärfend ein, wenn sich der Mord als Beziehungstat herausstellt.
Dennoch berichten die Medien immer wieder von grausamen Morden. Doch es sind weniger die Taten, die Italien eine Sonderstellung verschaffen, als die ihnen widerfahrende mediale Aufmerksamkeit. Die Zeiten, in denen die Täter auf Verständnis ihrer Mitbürger und Richter rechnen konnten, sind vorbei.
Dies bildet sich auch in den Statistiken ab. Italien ist für Frauen weit ungefährlicher als Deutschland: Hier fielen 2015 mehr als 300 Frauen ihren (Ex-)Partnern zum Opfer, während in Italien die Gesamtzahl weiblicher Mordopfer zwischen 120 und 130 lag. Michael Braun
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