: Geschenkt: Elitehochschule
Privathochschule der Wirtschaft soll bereits im September ihre Arbeit aufnehmen. Wahrscheinlicher Standort ist das Staatsratsgebäude am Schlossplatz. Abwerbeversuche aus München sind abgeblitzt
von SABINE AM ORDE
Das Vorhaben führender deutscher Konzerne, in Berlin eine internationale Elitehochschule für den Managementnachwuchs der Wirtschaft einzurichten, stößt in der Landespolitik durchweg auf positive Resonanz. Vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) über Wissenschaftssenator Thomas Flierl und Wirtschaftssenator Gregor Gysi (beide PDS) und die Fraktionen von SPD, CDU und FDP bis zum ehemaligen grünen Wissenschaftsstaatssekretär Bernd Köppl äußerten sich gestern alle positiv über das Vorhaben. „Wunderbar“ findet CDU-Wissenschaftsexpertin Monika Grütters, dass die Entscheidung für Berlin gefallen sei. Köppl spricht von einem „richtig großen Erfolg für die Stadt“.
Wie am Wochenende durch einen Bericht der Berliner Zeitung bekannt wurde, steht jetzt endgültig fest, dass die neue „European School for Management and Technology“ (ESMT) ihren Hauptsitz in Berlin bekommen wird. Der Lehrbetrieb soll bereits im September aufgenommen werden. Wahrscheinlich wird die neue Hochschule in das Staatsratsgebäude am Schlossplatz ziehen, auch wenn das einigen Unternehmen wie dem Münchener Allianz-Konzern Bauchschmerzen macht und derzeit noch mit dem Bund verhandelt wird. Zu DDR-Zeiten hatte Staatschef Erich Honecker hier seinen Amtssitz, zwischenzeitlich hat aber auch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) im Staatsratsgebäude residiert. Wichtig ist den Initiatoren des Projekts ein repräsentativer Sitz im Zentrum der Stadt.
Zu den Initiatoren gehören die Vorstandsvorsitzenden der Konzerne Allianz, DaimlerChrysler, Eon und Thyssen-Krupp. Darüber hinaus wird das Projekt von zwanzig weiteren Unternehmen unterstützt; darunter sind die Deutsche Bank, Siemens, BMW, Bertelsmann, SAP und die Deutsche Telekom. Die Konzerne wollten sich gestern zum Stand der Planung nicht äußern. „Es ist derzeit nicht der richtige Zeitpunkt“, so ein Sprecher von Thyssen-Krupp.
Vorbild für die geplante Hochschule sind die US-amerikanische Harvard Business-School und das Insead-Institut in Fontainbleau bei Paris. Nach einer Anfang Dezember bekannt gewordenen Vorstudie der Unternehmensberatung McKinsey gehen die Gründer davon aus, dass sie ein Stiftungskapital von mindestens 120 bis 130 Millionen Euro sammeln müssen. Ein weiterer Teil der Kosten soll über Studiengebühren finanziert werden.
Noch scheint unklar, ob es sich bei der neuen Hochschule um eine rein betriebswirtschaftlich orientierte Business-School handeln soll, oder ob ergänzend auch geisteswissenschaftliche Fächer angeboten werden. Ein Teil der Förderer will neben dem Aufbaustudiengang Master of Business Administration auch eine akademische Erstausbildung anbieten. Nach den Berechnungen von McKinsey werden insgesamt rund 80 Professoren benötigt. Da die Elitehochschule in der Topliga mitspielen soll, wollen die Gründer internationale Spitzenkräfte anwerben.
Exstaatssekretär Köppl geht davon aus, dass insgesamt nicht über 1.000 Studenten an der neuen Hochschule ausgebildet werden. Ein Teil von ihnen soll über Stipendien finanziert werden. Neben der Ausbildung der Studenten soll die neue Hochschule aber auch nach außen wirken. „Da sollen Debatten angestoßen, Vorträge gehalten, Kollegs durchgeführt werden“, sagt Köppl.
Neben Berlin war auch München als Sitz der ESMT im Gespräch. Dem Vernehmen nach hat die bayerische Landesregierung alle Hebel in Bewegung gesetzt, um das Prestigeobjekt an die Isar zu holen. Mittlerweile ist offenbar ein Kompromiss gefunden worden, nach dem es einen Nebenstandort in München geben wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen