Geschäftsführung des Grimme-Instituts: Verlängerung für Frauke Gerlach?
Die Gesellschafter des Grimme-Instituts beraten über einen neuen Vertrag für die Direktorin. Mehrfach wurde sie als wenig wahrnehmbar kritisiert.
Und wie aus Gesellschafterkreisen zu hören ist, soll tatsächlich bei der Sitzung der Gesellschafter am Mittwoch die Vertragsverlängerung Gerlachs beschlossen werden.
Dass über den Vertrag diskutiert würde, bestätigte der größte Gesellschafter des Grimme-Instituts, der Deutsche Volkshochschul-Verband, der taz: „Das Thema ‚Vertrag der Geschäftsführung‘ steht auf der Tagesordnung“, heißt es per Mail.
Das ist erstaunlich spät: Üblicherweise wird eine Entscheidung über ähnliche Verträge bereits ein Jahr vor Vertragsende getroffen. Doch anscheinend konnten sich die Gesellschafter – zu denen neben den Volkshochschulen auch der Westdeutsche Rundfunk, das ZDF, das Land Nordrhein-Westfalen, die Film und Medien Stiftung NRW, die Stadt Marl und die Landesanstalt für Medien NRW gehören – bisher nicht aufraffen, Gerlach das Vertrauen für eine zweite Amtszeit auszusprechen.
Politische Entscheidung?
Einiges erinnert an die Berufung Gerlachs Anfang 2014: Auch da lief nicht alles glatt, die Entscheidung der Gesellschafter wurde als politische Entscheidung der damaligen Landesregierung aus SPD und Grünen kritisiert. Während des Auswahlverfahrens kritisierte die damals noch oppositionelle FDP „die Rückkehr zu Zeiten des Auskungelns wichtiger Positionen durch die Staatskanzlei“.
Gerlachs Vorgänger Uwe Kammann war vor der geschäftsführenden Tätigkeit Redaktionsleiter des Medienressorts des Evangelischen Pressedienstes. Auch für seine Nachfolge gab es einen profilierten Medienjournalisten als Kandidaten: Dieter Anschlag, Chefredakteur der Medienkorrespondenz. Nachdem allerdings bekannt geworden war, dass auch Gerlach im Rennen sei, sagte Anschlag dem Institut ab.
Gerlach war damals nicht nur Aufsichtsratsvorsitzende des Grimme-Instituts, sondern zudem Aufsichtsratsmitglied bei den Grimme-Gesellschaftern Filmstiftung und Landesmedienanstalt. Es könne deshalb „nicht von einem fairen, offenen Verfahren gesprochen werden“, teilte Anschlag damals mit.
Seit ihrem Amtsantritt wurde mehrfach kritisiert, dass Gerlach zu wichtigen medienpolitischen Fragen wenig wahrnehmbar sei. „Man hört nichts und liest nichts und sieht nichts. Das Medieninstitut kommt in den Medien nicht mehr vor“, kritisierte beispielsweise der Fernsehkritiker Fritz Wolf bereits im August 2015 in seinem Blog. In den vergangenen Monaten war Gerlach allerdings etwas präsenter: Vor allem zum Thema Öffentlich-Rechtliche äußerte sie sich in verschiedenen Medien mit Gastbeiträgen und Interviews.
Das Grimme-Institut analysiert Angebote und Entwicklungen von deutschen Medien und vergibt unter anderem den Grimme-Preis an herausragende Fernsehbeiträge und den Grimme Online Award.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen