piwik no script img

Gesamtschule graut vor Rot-Grau

■ Statt-Partei will Ausbau für Walddorfer Schule kippen / Eltern und Lehrer entsetzt Von Kaija Kutter

Als die Statt-Partei vor einem Jahr mit der SPD über eine Regierungsbeteiligung verhandelte, war die SPD-Gesamtschulpolitik bis zum Schluß einer der kippeligsten Punkte. Dennoch wurde die Rot-Graue Kooperation besiegelt. Schüler, Lehrer und Eltern der 1991 gegründeten Gesamtschule Walddörfer bekommen jetzt die Quittung dafür.

Aus dem Ausbau der Schule, so erfuhr Schulleiterin Barbara Buchsteiner am Dienstag im Gespräch mit dem zuständigen Baureferenten der Schulbehörde, werde wohl nichts. Dies sei ein politisches Zugeständnis an die Statt-Partei.

An der Walddörfer Schule, die sich steigender Anmeldezahlen erfreut, schlug diese Nachricht wie eine Bombe ein. Bisher teilen sich die 560 Schüler die Gebäude mit einer Grundschule. Damit die heranwachsende Oberstufe Platz bekommt, sollten eine neue Grundschule auf einer benachbarten Wiese und ein eigener Oberstufentrakt hinzugebaut werden. Die Baupläne und auch die Genehmigung liegen schon vor. 1 Million Mark Architektenhonorare wurde gezahlt und ein Pavillon für 200.000 Mark versetzt, um Platz für Neubauten zu schaffen.

„Wir haben schon seit drei Jahren eine eklatante Raumnot, die nur zu ertragen war, weil es hieß, der Neubau kommt auf jeden Fall“, sagt Barbara Buchsteiner. Klassen mit 20 Jugendlichen würden auf 38 Quadratmetern unterrichtet. Sie selbst habe ihr Büro im Krankenzimmer. Fachräume hätten die Schüler noch nie gesehen.

Ohne Oberstufenbau werde die Gesamtschule zur Restschule degradiert, sagt der Elternratsvorsitzende Herbert Bremer, „die Schule wird zerschlagen“. Damit die Schule überleben könne, brauche sie eine ausreichend große Oberstufe. Der sechs-zügige Ausbau (Anm. d. Red: sechs Parallelklassen) sei unbedingte Voraussetzung.

„Es geht hier um die Frage, ob die SPD zu ihrer sozialdemokratischen Schulpolitik steht“, sagt auch der Walddörfer Lehrer und GAL-Bezirksabgeordnete Thomas Littmann, der in dem Vorgang eine „Desavoierung“ der Schulsenatorin sieht.

Was für Lehrer und Eltern völlig unverständlich ist: Die von der Schulbehörde erhobenen Planungsdaten sprechen eindeutig für den sechs-zügigen Ausbau der Schule. In Volksdorf werden in den nächsten Jahren mehrere tausend Wohnungen gebaut. Zusammen mit den eh steigenden Geburtenzahlen, davon geht Behörden-Planungsreferent Udo Wibben aus, gebe es sogar Bedarf für eine zweite Gesamtschule in der Region.

„Wir haben schon vor einem Jahr klargemacht, daß wir eine Massierung von Schülern in diesem Gebiet nicht wollen“, sagt die schulpolitische Sprecherin der Statt-Partei, Rotraut Meyer-Verheyen. Allerdings sieht sie sich am Ziel: „Jetzt, wo die Weichen gestellt sind, eine Pressekampagne zu machen, ist eine völlig falsche und populistische Veranstaltung“.

Denn mit der Gründung einer zweiten kleinen Gesamtschule in Bergstedt sei sie einverstanden. Ihre Bedenken, so Meyer-Verheyen, seinen keine „ideologischen“, sondern „sachbezogene“ Gründe: „Wir wollen überhaupt keine übergroßen Systeme mehr“.

„Der Statt-Partei geht es nicht um das Wohl der Kinder“, sagt der SPD-Abgeordnete Günter Frank. „Es geht ihr um ihr Wählerklientel und um den Erhalt der friedlichen Idylle Volksdorf“. Der schulpolitische Sprecher der SPD, der seit einem Jahr mit der Statt-Partei über den Walddörfer Schulausbau verhandelt, bestätigt die bösen Ahnungen des Baureferenten. Frank: „Es gibt Prüfaufträge, ob die Schule auch ohne Oberstufengebäude eine ausreichende Versorgung hat“. Und: Wenn es eine „insgesamt zufriedenstellende“ Versorgung mit Unterrichtsräumen gibt, könne man mit der SPD auch „über die Vier-Zügigkeit reden“. Womit die Statt-Partei sich durchgesetzt hätte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen