Gerichtsurteil in Frankreich: Charles Onana schuldig wegen Leugnung von Ruandas Völkermord
Ein Buch in Frankreich hatte den Völkermord an Ruandas Tutsi 1994 als „Verschwörungstheorie“ bezeichnet. Nun wurden Autor und Verleger verurteilt.
Onana ist Autor mehrerer kontroverser Bücher über den Völkermord an Ruandas Tutsi 1994 und die bis heute andauernden Kriege in der Demokratischen Republik Kongo. In „Ces tueurs tutsi“ etwa behauptet er, die Tutsi der Region hätten Millionen von Menschen umgebracht, aber erklärten sich selbst zu Opfern, und wirft unter anderem der taz „Lügen“ über diese Ereignisse vor.
In einem Buch über Frankreichs Militärintervention in Ruanda, „Rwanda, la vérité sur l'Opération Turquoise“, bezeichnete er 2019 den geplanten Völkermord an Ruandas Tutsi als „Verschwörungstheorie“ und „eine der größten Betrüge des 20. Jahrhunderts“.
Mehrere französische Menschenrechtsgruppen klagten ihn daraufhin unter einem Gesetz von 2017 an, das die Leugnung der von Frankreich offiziell anerkannten Genozide unter Strafe stellt – zu diesen zählt der Völkermord in Ruanda. Der Verband ruandischer Völkermordüberlebender „Ibuka“ trat als Nebenkläger auf.
Die Verhandlung im Oktober dauerte nur wenige Tage. Das Gericht hat nun festgestellt, dass Onanas Buch „negationistische Ideologie“ verbreite und „die aktuellen Konflikte in einer Nachbarregion Ruandas mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung anheizt“.
Die Urteilsverkündung wurde von Protesten im Saal begleitet. Die Regierung der Demokratischen Republik Kongo, die sich im Konflikt mit Ruanda wegen dessen Unterstützung für Rebellen im Osten der DR Kongo befindet, hatte für den angeklagten Publizisten mobilisiert.
Die französische Menschenrechtsorganisation „Survie“ sprach von einer „historischen Entscheidung“. Ruandas Außenminister Olivier Ndurungirehe sagte, er „begrüße“ das Urteil, „das hoffentlich alle negationistischen Journalisten, Autoren und Politiker entmutigen wird, die in Europa und in unserer Region ihr Unwesen treiben“. Die Verurteilten wollen in Berufung gehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour