Gericht untersagt Pressemitteilung: Heimatministerium fern der Wahrheit
Das Bremer Oberverwaltungsgericht stoppt Verleumdungen des Bundesinnenministeriums gegen die frühere Chefin der Bremer Außenstelle des Bamf.
Diese Mitteilung verlasse das Prinzip der staatlichen Stellen gebotenen Zurückhaltung, sie sei unverhältnismäßig, ehrenrührig und geeignet, das Bild der Ulrike B. in der Öffentlichkeit „negativ zu beeinflussen“, so das Gericht. Ihr Hintergrund waren Gerüchte, nach denen das Bamf-Bremen etliche Asylbescheide ohne ausreichende Prüfung positiv beschieden hätte. Diese haben sich nicht bestätigt.
Der OVG-Beschluss ergänzt und korrigiert eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 1. August. Damals waren nur von Seehofers Staatssekretär Stephan Mayer (CSU) abgesonderte, nach derzeitigem Stand der Ermittlungen wahrheitswidrige Bezichtigungen verboten worden, denen zufolge in Bremen „hochkriminell kollusiv und bandenmäßig mehrere Mitarbeiter mit einigen Rechtsanwälten zusammengearbeitet“ hätten. Unangetastet geblieben war indes die Pressemitteilung auf der Homepage des Ministeriums, weil das Verwaltungsgericht irrtümlich annahm, es handele sich um ein Werturteil. Laut OVG ist die Aussage jedoch als eine Tatsachenbehauptung einzustufen.
„Es handelt sich auch nicht um eine bloße Verdachtsäußerung, da die behauptete Tatsache als feststehend und jedenfalls seit Vorlage des Berichts geklärt dargestellt wird“, präzisierten die Richter.
Eine Tatsachenbehauptung zeichnet sich dadurch aus, dass sie bewiesen werden kann. Das aber ist unterblieben: Stattdessen wurde der – mittlerweile widerlegte – Eindruck erweckt, der Bericht könne diesen Beleg liefern. Damit habe das Ministerium den strafrechtlichen Ermittlungen vorgegriffen, befand das OVG. „Es untergräbt damit in der Öffentlichkeit die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Unschuldsvermutung.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren