Gericht gibt Fixie-Fahrern Recht: Balanceakt = Bremse
Die Pedale des Fixed Gear Bikes drehen sich immer mit. So lässt sich das Fixie durch Gewichtsverlagerung auch stoppen. Rechtlich ist der Starrlauf jetzt eine Bremse.
BERLIN taz | Ein Gang, keine Bremse, von Licht oder Reflektoren ganz zu schweigen: Die federleichten Fixed Gear Bikes, auch "Fixies" genannt, sind unter manchen Radliebhabern der letzte Schrei - und verstießen bislang gegen alle Verkehrsvorschriften. Das ist jetzt anders: Das Bonner Amtsgericht hat entschieden, dass sich der Balanceakt des Fixie-Fahrers beim Tempodrosseln offiziell "bremsen" nennen und somit von der Polizei nicht mehr geahndet werden darf. Mit der Entscheidung gab das Gericht einem Radler Recht, der sich gegen ein Bußgeld für das "Fahren ohne Bremse" gewehrt hatte.
Es will in der Tat gelernt sein, ein Fixie zum Stehen zu bringen: Der ursprünglich für den Bahnradsport gebaute Straßenflitzer kann auf gerader Strecke bis zu 70 Kilometer pro Stunde fahren. Kein Rücktritt, kein Leerlauf, sondern Starrlauf, so lautet sein Geheimrezept. Die Pedale an des Fahrers Beinen drehen ständig mit - und sind Antrieb und Bremse in einem: Man verlagere das Gewicht bei voller Fahrt auf das Vorderrad und wirke gegen die Drehrichtung der Pedale - und schon stoppt das Fixie.
Einfach? Vielleicht nicht. Doch laut Straßenverkehrsordnung ist eine Bremse lediglich "eine feste Einrichtung am Fahrrad, die zur Verminderung der Geschwindigkeit dient". Demnach ist auch der Starrlauf des Fixies rechtlich eine Bremse, und zwar am Hinterrad. Auf die Montage einer Vorderradbremse darf der gewissenhafte Schnellfahrer deswegen genauso wenig verzichten wie auf Licht, Reflektoren oder Klingel.
Das Urteil des Bonner Amtsgerichts bedeutet für die Fans des inzwischen sündhaft teuren Rads nicht unbedingt Aufatmen. Auch weiterhin werden sie sich wegen der Fixies auf Diskussionen mit der Polizei einstellen müssen. Denn die pocht bei den Trendrädern - Hinterradbremse hin oder her - weiterhin zum Beispiel auf die vorgeschriebenen, aber fehlenden Vorderradbremsen, Klingeln oder Lichtanlagen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche