: Gericht begründet Soldaten–Urteil Schärfe im Meinungskampf rechtens
Frankfurt (dpa) - Die 14. Strafkammer des Frankfurter Landgerichts hat jetzt die schriftliche Begründung ihres heftig umstrittenen „Soldaten–Urteils“ vorlegt. Das Gericht hatte am 8.Dezember einen Arzt, der Soldaten als potentielle Mörder bezeichnet hatte, von der Anklage der Volksverhetzung und Beleidigung freigesprochen. Eine solche Stellungnahme sei vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung gedeckt, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Urteilsbegründung. Im politischen Meinungskampf seien auch „scharfe und polemische Formulierungen und plakative Wertungen zulässig“. Dem Angeklagten sei es nicht darum gegangen, den „Bürger Soldat“ zu diskreditieren, sondern darzustellen, daß Soldaten in eine Maschinerie eingespannt seien, in der sie unausweichlich darauf vorbereitet würden, zu „Mördern“ zu werden. Diesen Begriff habe der Angeklagte, der selbst den Kriegsdienst verweigert habe, nicht im strafrechtlichen, sondern in einem moralischen Sinne verwendet. Diese rechtliche Bewertung der Äußerungen des Angeklagten besage nicht, „daß die Kammer diese auch inhaltlich billigt“. Es sei aber nicht Aufgabe des Gerichts, die Überzeugungskraft von Meinungen zu überprüfen und Zensur auszuüben. Das Urteil der Strafkammer, gegen das die Staatsanwaltschaft bereits Revision eingelegt hat, war unter anderem von Bundespräsident Richard von Weizsäcker und Bundesaußenminister Hans–Dietrich Genscher scharf kritisiert und als „unverständlich“ bezeichnet worden. Direkt nach der Urteilsverkündung hatte sich auch der Bundeswehr– und Reservistenverband empört zu Wort gemeldet. Es sei kaum zu glauben, daß es in einem Rechtsstaat erlaubt sei, „den Friedensdienst der Soldaten mit Mordtaten gleichzustellen“, erklärte der Verbandsvorsitzende.
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