Gerhart-Hauptmann-Schule: Bezirksbürgermeisterin bleibt hart
Die Nachbarschaftinitative Ohlauer Straße fordert den Verbleib der Bewohner in der Schule. Für Monika Herrmann ist das ausgeschlossen.
Das „Expedition Metropolis“ ist ein Theater. Seit vielen Jahren befindet es sich in der alten Desinfektionsanstalt, abgekürzt DESI, in der Ohlauer Straße in Kreuzberg. Von da aus sind es zur ehemaligen Gerhart-Hauptmann Schule nur ein paar Schritte.
Die räumliche Nähe zu den Flüchtlingen, die nach wie vor im Südflügel des Schulgebäudes wohnen, verbindet. Das zeigt die Pressekonferenz, die an diesem Dienstag in dem Theater stattfindet. „Wir lehnen eine Räumung ab,“ sagt Kim Archipova von der Nachbarschaftsinitiative Ohlauer Straße (NIO). Den Bezirk fordert sie auf, mit den Bewohnern der Schule und den Unterstützern an einer konstruktiven Lösung zu arbeiten.
Die Uhr tickt. Am 12. Juli hat das Landgericht entschieden, dass die Schule geräumt werden kann. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hatte gegen die Bewohner geklagt. Nach Angaben des Bezirks wohnen in dem Südflügel noch zehn Leute, die Flüchtlinge selbst nennen am Dienstag die Zahl 22. Sie gehören zu der Gruppe, die im Juli 2015 mit einer Besetzung des Daches erreicht hatte, dass sie im Unterschied zu Hunderten seinerzeit aus dem Haus gebrachten Flüchtlingen in der Schule bleiben konnten.
Nun hat das Landgericht grünes Licht für die Räumung gegeben. Die Begründung: Der damals ausgehandelte Kompromiss sei ein zeitlich begrenztes Arrangement zwischen Bezirk und Flüchtlingen gewesen. Seit 2015 kostet die Bewachung der Schule den Bezirk 780.000 Euro im Jahr. Damit soll eine Neubesetzung verhindert werden.
Es geht nicht nur ums Wohnen
Einer der Bewohner, er stellt sich mit Junus vor, sitzt bei der Pressekonferenz neben Kim Archipova am Rednerpult. Ein Dolmetscher übersetzt für ihn vom Arabischen ins Deutsche. Es gehe ihnen nicht nur ums Wohnen sagt Junus. Mit Hilfe der Unterstützer aus dem Kiez wolle man ein Refugee Center in der Schule aufbauen. Der Bezirk habe den Plänen zunächst auch zugestimmt, aber nun höre man von diesem nichts mehr.
Ulrich Hardt vom Metropolis Theater bestätigt das. Eigentlich habe die DESI-gGmbH den Zuschlag bekommen, nachdem der Bezirk die Trägerschaft für das Zentrum öffentlich ausgeschrieben habe. Das Theater ist eins von vier Projekten, die zur DESI-gGmbH gehören. Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann und die damalige Finanzstadträtin Jana Borkamp (beide Grüne) hätten ihm das persönlich zugesagt, so Hardt bei der Pressekonferenz.
Bezirksbürgermeisterin Herrmann
Das Konzept der DESI -gGmbH sehe eine Zusammenarbeit mit der im Nordflügel untergebrachten Flüchtlings-Notunterkunft des Samariterbundes sowie mit dem geplanten Campus Ohlauer Straße vor, ergänzt Hendrick Weiner. Auch er arbeitet bei dem Theater. Nach einer dreijährigen mietfreien Anlaufphase wolle man versuchen, für die Räume des Zentrums Miete zu zahlen.
Monika Herrmann bestätigt am Dienstag auf Nachfrage, es habe „sehr, sehr lange Gespräche“ mit Hardt und der DESI gGmbH gegeben. Auch die Nachbarschaftsinitiative NOI sei sehr engagiert. Nach wie vor sei denkbar, dass die DESI die Trägerschaft für das Zentrum übernehme, so Herrmann. Im September werde Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) alle Beteiligten zu Gesprächen einladen.
Den Bewohnern indes macht Herrmann keine Hoffnung. Ein weiteres Wohnen im Südflügel sei ausgeschlossen. „Das Ende ist erreicht“. Zunächst werde man den Geflüchteten aber Angebote für alternative Unterkünfte machen. Auch bei den Asylverfahren wolle man sie unterstützen, kündigte Herrmann an. Blieben die Gespräche ohne Ergebnis, werde der Gerichtsvollzieher beauftragt, das Räumungsurteil zu vollstrecken. Beim Aufbau des Refugee-Centers könnten selbstverständlich alle mitmachen, so Herrmann, „aber gewohnt werden muss woanders“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“