■ Das Portrait: Gerhard Cromme
Unter Stahlarbeitern gilt der oberste Chef des Hoesch- Krupp-Konzerns als der größte Arbeitsplatzkiller im Revier. Ein Jahr nachdem Gerhard Cromme im Oktober 1986 den Vorstandsvorsitz der Krupp Stahl AG Bochum übernommen hatte, verkündete er im November 1987 die Stillegung des Hüttenwerkes Duisburg-Rheinhausen. Massive Arbeitskämpfe machten diese Pläne zunichte. Im Mai 1988 wurde mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Rau der „Rheinhausen- Pakt“ geschlossen: die Schließung der Hütte wurde aufgeschoben. Für sein erfolgreiches Krisenmanagement wurde der smarte Manager zum Chef der Krupp Stahl AG befördert. Der Rüstungsbereich wurde dort unter Cromme zusammengestrichen. Die drückende Schuldenlast des Konzerns schmolz seit seinem Amtsantritt um fast eine dreiviertel Milliarde Mark zusammen.
Dank eines selbst für Experten überraschenden Zwischenhochs wurde der einst als maroder Betrieb geschmähte Standort Rheinhausen vorübergehend wieder zu einer Goldgrube. Doch jetzt hat die Krise die Stahlbranche wieder eingeholt, Rheinhausen ist erneut von der Schließung bedroht.
Es sei „absolut sicher“, daß nach dem neuen Hoesch- Konzept 2000 keiner der Standorte geschlossen werden müsse, hatte Cromme vor zwei Jahren noch vollmundig erklärt – wie sich zeigt, eine Erklärung von begrenztem Haltbarkeitswert. Die von Cromme eingefädelte Fusion der Stahlgiganten Hoesch und Krupp, die in Kürze rückwirkend zum 1. Januar 1993 in Kraft tritt, trug ihm den Titel hier Foto Nr. 20
Foto: Variopress
Manager des Jahres ein. Mit der von Hoesch-Arbeitern als „feindliche Übernahme“ bezeichneten Fusion allein wird sich die Stahlkrise aber nicht meistern lassen. Cromme verspricht sich von der Elefantenhochzeit zwar erhebliche Synergieeffekte, um die Schließung eines Standortes kommt der Konzern aber nicht herum.
Ob es die Hoesch-Arbeiter in Dortmund oder die Kruppianer in Rheinhausen trifft, wird sich Ende des Monats herausstellen. Einige Signale aus dem Krupp-Konzern deuten darauf hin, daß Rheinhausen erhalten bleibt.
Das letzte Wort hat in dieser Entscheidung Gerhard Cromme. Es wäre schon paradox, wenn er sich ausgerechnet für die Erhaltung des Stahlwerks entscheiden muß, das er schon vor Jahren schließen wollte. win
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