■ Gerangel um Bestseller: Konkurrenz am Medienmarkt
Der Markt für Musik und Bücher ist in Bewegung geraten. Jüngstes Beispiel dafür ist die Liaison von Wegert und Kiepert am Ku'damm, wo sich beide gemeinsam nichts weniger vornahmen als: „Wir durchbrechen Raum und Zeit.“ Und zwar mit mehr als 500.000 CDs in Berlins größter Musikabteilung sowie mit einem Buchsortiment insbesondere für den Medien-, Musik- und Kulturliebhaber. Auf über 8.000 Quadratmeter Verkaufsfläche können sich die Kunden zwischen Waschmaschinen, Computern und HiFi-Geräten sowie EDV-, Fach- und Unterhaltungsliteratur austoben.
Zum kleinen Showprogramm gehören gelegentliche Auftritte junger Bands oder Buchlesungen; am Einbauherd kocht auch schon mal ein Chinese vor. Beide Unternehmen versprechen sich von der Kooperation insbesondere Synergieeffekte nach dem Motto: Es wächst zusammen, was zusammen gehört. Wer viel hört, der liest auch viel, glaubt zum Beispiel Wegert-Manager Dietmar Voss. Kiepert hofft vor allem auf mehr junge Kundschaft und Leute, die sonst eher selten einen Buchladen aufsuchen. Wenn die Zusammenarbeit erfolgreich ist, wird sogar eine Übertragung des Konzepts auf andere Standorte erwogen. Trotzdem bleibt für Kiepert das Geschäft in den reinen Buchhandlungen nach wie vor primär.
Ob diese Pläne Realität werden, hängt aber nicht zuletzt von der Konkurrenz ab. Denn die sammelt ebenfalls ihre Kräfte, um in der nächsten Zeit massiv auf den Berliner Markt zu drängen. Der ist nämlich nach Auffassung von Jürgen Könnecke im Buchbereich noch unterversorgt. Könnecke ist Chef der Hamburger Thalia-Buchhandlung, die im Herbst 1997 vorerst zwei Filialen in Berlin eröffnen will. Allerdings nicht in der City, sondern in den Bezirken Friedrichshain und Wedding. Außerdem erwärmt sich die süddeutsche Großbuchhandlung Hugendubel für die Hauptstadt. Hugendubel übernimmt im Juli 1997 die Buchhandlung Herder am Ku'damm. Die Strategie ist klar: Schöner, größer, moderner will man werden und Bestseller in großem Stil und schnell umsetzen, wie es die Buchhandelskette Montanus bereits vormacht. Der Startschuß für einen zünftigen Verdrängungswettbewerb ist gefallen.
Auch weitere Medienwarenhändler von außerhalb entdecken ihr Herz für Berlin. So plant Vobis ein Multimediacenter, und die Londoner CD- und Bücher- Verkäufer von His Masters Voice wollen nach Leverkusen ihr zweites deutsches Standbein in Berlin aufsetzen. Schließlich will auch Mister Richard Branson wieder in die Stadt zurück. Nachdem er den Flop mit Virgin Mega Store offenbar gut verkraftet hat, versucht er nun einen Neustart mit einem Plattenlabel namens V2. Britischer Humor ist eben, wenn man beim erstenmal nichts zu lachen hatte und trotzdem weitermacht. Gunnar Leue
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