: Gepflegter Suff auch im Osten
■ Becks verdient an der Einheit, zögert aber bei Beteiligungen / Rekordjahr
Das Bier, das den Kennerdurst löscht, fließt in Strömen. Die Folge des noch nie dagewesenen Becks Booms: Die Bierbrauerei in der Neustadt ist im Umsatzrausch. Und ein wesentlicher Grund für das gute Geschäft mit dem herben Pils ist der neue Markt in der alten DDR.
Die trockenen Zahlen: Im Kalenderjahr hat Becks den Bierumsatz um 13,4 Prozent, das sind 480.000 Hektoliter, gesteigert. Außer in den USA, wo der Bremer Edelmarke die drastisch erhöhte Biersteuer zu schaffen macht, wurde der Umsatz weltweit gesteigert. Besonders die Menschen in den neuen Bundesländern haben binnen kurzer Zeit einen großen Kennerdurst entwickelt. Seit der Währungsumstellung zum 1. Juli gluckerten hunderttausend Hektoliter durch ostdeutsche Kehlen. Um den neuen Markt schnellsten zu erobern, hat Becks gewaltige logistische Anstrengungen unternommen. Da nach den Erkenntnissen der Marketing-Experten der Markt für eine Biermarke über das Faßier erschlossen wird, hat Becks imzwischen 1.000 Vertragspartner im gastronomischen Bereich. Bei der Belieferung setzt die Brauerei auf Unterstützung des Vertriebssystems in der Ex- DDR.
Da auch die Menschen in den neuen Bundesländern nicht unbegrenzt Bier trinken können, geht der Erfolg von Becks und anderen Brauereien mit dem Niedergang der ostdeutschen Brauereien einher. Becks Chef Josef Hattig wußte zu berichten, daß beispielsweise der Umsatz der Rostocker Brauerei in diesem Jahr von bislang einer Millionen Hektoliter auf 300.000 Liter zurückgehen wird.
Mit der Brauerei in Bremens Partnerstadt hat Beck & Co zum 1. Juli 1990 einen Kooperationsvertrag geschlossen. Und geht es nach Hattig, dann darf es auch gern ein bißchen mehr sein. Hattig: „Wir wollen nicht leer ausgehen und schließen eine Beteiligung nicht aus.“ Hemmschuh dabei scheint die allmächtige Treuhand Anstalt zu sein, die die ostdeutschen Brauereien bislang nicht als Sanierungsfälle sieht und daher zur Zeit offenbar noch andere Preisvorstellungen hat als Becks.
Geld genug, um sich eine Beteiligung leisten zu können, hat Beck & Co jedenfalls. Nicht nur die Hausmarke, sondern auch die anderen Sorten wie dem Haake- Beck Sortiment, Remmer Light und den Erfrischungsgetränken, der Nienburger Glashütte und anderen zum Konzern gehörenden Unternehmen mit insgesamt 3.401 MitarbeiterInnen gab es ein dickes Plus. Das Fazit der Brauer kann ihnen Anlaß für ein kräftiges Prosit sein: Mehr Umsatz, höheres Eigenkapital, weniger Schulden. hbk
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