: Georgische Frauen werden laut
Im Berliner Kulturort Panda Platforma fand das zweite von sieben Minifestivals statt, die allesamt von Frauen bestritten werden
Von Luciana Ferrando
Zwei Frauen tanzen zu einem Volkslied zwischen Holzhäusern. Eine ältere Frau zeigt der Kamera die Hände, mit denen sie ihr Haus gebaut hat. „Keine Frauenhände, oder?“, fragt sie und lacht. Ein Mädchen streichelt eine Kuh, zwei andere posieren vor einem Kreuz auf einem Gipfel. Männer rauchen oder essen. Wie die Berge über diesem kleinen Dorf in der Region Guria in Georgien sind sie zwar da – aber es sind die Frauen, die das Leben am Laufen halten.
Nicht nur im Dokumentarfilm „Bakhmaro 2050“ der georgischen Regisseurin Anka Gujabidze, gezeigt im Rahmen des Festivals „Pandawomen #2 Georgien“, stehen Frauen im Mittelpunkt. „Celebrating female arts“ lautet das Motto des Festivals, das von der Berliner Initiative „Panda platforma e. V.“ seit acht Jahren organisiert wird. Es präsentiert an sieben Freitagen sieben Mini-Festivals aus sieben Ländern. Nach Polen und Georgien folgen in diesem Jahr Belarus, Jemen, Iran und die Türkei. Kuratorinnen aus der Diaspora gestalten sie als Mischung aus Poesie, Musik und Performance. Es geht darum, Künstlerinnen sichtbar zu machen, um Austausch und Solidarität.
Das betont Kuratorin Elza Javakhishvili bei der Begrüßung. Sichtlich bewegt steht die in Berlin lebende Poetin auf der Bühne in Berlin-Prenzlauer Berg. „Solange nur eine politische Gefangene in Georgien im Gefängnis sitzt, gibt es keinen Frieden“, sagt sie.
Der Saal in der Kulturbrauerei ist voll; auch im Türrahmen und im Flur stehen Zuschauer*innen dicht aneinander. Küsse, Umarmungen, georgischer Wein macht die Runde. Ein Gefühl von Gemeinschaft und Freude, aber auch eine gewisse Ernsthaftigkeit liegen in der Luft. Alle elf Künstlerinnen dieses Abends erinnern an die Menschen, die seit Beginn der Proteste 2024 gegen die prorussische Regierung in Georgien verfolgt und inhaftiert wurden oder fliehen mussten. Es sind vor allem Frauen.
„Wie es schon immer war“, meint die Schriftstellerin Nino Haratischwili, die mit einer Rede den Abend eröffnet. „Wir Frauen wissen allzu gut, was es heißt, nicht frei und selbstbestimmt zu sein. Deshalb bleibt uns keine andere Wahl, als zu handeln, zu kämpfen.“ Der Unterdrücker hieße Russland, aber auch Patriarchat.
Auch der Poesieteil dreht sich um Blut, Krieg und Männer. „Komm schon, Heimat, lass uns die Straße mit frischem Blut färben, Blutkreise auf die Straßen malen, als Sonnen“, rezitiert auf Georgisch Kato Javakhishvili, die aus Tbilissi angereist ist.
Nach den Auftritten weiterer Dichterinnen wird der Raum zum Kino umgebaut. In ihrem aktuellen Dokumentarfilm „Self-Portrait Along the Borderline“ verarbeitet die Filmemacherin Anna Dziapshipa privates und historisches Archivmaterial, um vom Konflikt zwischen Georgien und Abchasien zu erzählen. „Mein Nachname klang in Georgien wie ein Fehler“, sagt ihre Off-Stimme, während Fotos von ihr als Schulkind, Teenager und junge Frau sowie Bilder einer Gruppe Schwimmerinnen über die Leinwand laufen. Warum sie im Film nicht tiefer auf die Ursachen des Konflikts eingegangen sei, wird Dziapshipa danach gefragt. Sie antwortet: „Ich bin keine Historikerin, sondern Filmemacherin – ich kann nur aus meinen eigenen Erfahrungen und Erinnerungen erzählen.“
Eka Kevanishvili erzählt später an der Bar, dass sie sich frage, ob es in Ordnung sei, auf Lesetour zu gehen, während zu Hause Kolleg*innen und Freund*innen verhaftet werden. „Ja“, sagt sie, „es ist wichtig, unsere Stimme hörbar zu machen.“
Das Programm: https://panda-platforma.berlin/pandawomen-2025/
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