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Georgien: Entwaffnung der Clans und Basisarbeit

■ Abgeordnete in Tbilissi beschließen zweimonatige Sitzungspause / Nun sollen sie in ihren Wahlkreisen für „Ordnung“ sorgen / Gamsachurdia-Anhänger rücken vor

Berlin (taz) – Eduard Schewardnadse kann in sein Amt als Staatschef von Georgien zurückkehren. Mit klarer Mehrheit beschloß das Parlament in Tbilissi am Mittwoch vormittag, die Arbeit für die kommenden zwei Monate einzustellen. Am Vorabend hatten die Abgeordneten bereits der anderen Forderung Schewardnadses zugestimmt, für drei Monate den Ausnahmezustand zu verhängen. Schewardnadse hatte am Dienstag zunächst seinen Rücktritt erklärt, da ihm Abgeordnete vorgeworfen hatten, mit dem Ausnahmezustand eine Diktatur errichten zu wollen. Nachdem in Tbilissi Zehntausende für den Staatschef demonstriert hatten, erklärte sich dieser zur Rückkehr bereit.

Ob es Schewardnadse mit Hilfe des Ausnahmezustandes jedoch gelingen wird, „Ruhe und Ordnung“ in der Kaukasusrepublik herzustellen, scheint fraglich. Ziel ist es, mit Hilfe von Armee und Polizei die paramilitärischen Gruppen des Landes zu entwaffnen. Zugleich muß die Armee sich aber auch gegen die Anhänger des früheren Staatspräsidenten Gamsachurdia im westgeorgischen Mingrelien durchsetzen. Bisher tat sich auf Regierungsseite bei diesen Kämpfen vor allem die Mchedrioni-Reitertruppe von Dschaba Iosselani – einem der schärfsten Gegenspieler von Schwewardnadse – hervor. Doch genau diese Truppe soll nun ebenfalls entwaffnet werden. Wie wenig die Gamsachurdia-Truppen sich von der Verhängung des Ausnahmezustands beeindrucken lassen, wurde bereits am Mittwoch deutlich: Bei einem erneuten Vorstoß eroberten sie den Verkehrsknotenpunkt Japana und unterbrachen damit die letzte Verbindung von Tbilissi zu den Häfen am Schwarzen Meer.

Iosselani und der frühere Verteidigungsminister Kitowani waren es auch, die bei den Diskussionen über die Verhängung des Ausnahmezustands den ehemaligen sowjetischen Außenminister scharf angegriffen hatten. Nachdem dieser sie bereits bei der Regierungsumbildung Ende August ausmanövriert hatte, fürchteten sie nun weiteren Machtverlust.

Für einen Erfolg Schewardnadses spricht, daß der Präsident sich bei den kommenden Entwaffnungsaktionen auf Kitowanis Nachfolger Karakaschwili stützen kann. Dem 27jährigen, der über eine sechsjährige Erfahrung an den verschiedensten Fronten der Ex-UdSSR besitzt, scheint es gelungen zu sein, die Armee hinter sich zu bringen.

Zudem haben die Gegner des Präsidenten nur wenig Unterstützung. So stimmten nur sechs Abgeordnete gegen die vorübergehende Auflösung des Parlaments, bei der Abstimmung über die Verhängung des Ausnahmezustands hatte es sogar nur eine Enthaltung gegeben. Die Mehrheit der Georgier ist nach Ansicht eines georgischen Journalisten an einem entschlossenen Vorgehen gegen die Truppen Gamsachurdias interessiert. Sie fordere „ein schnelles Ende des Banden-Chaos“: Da die Regierung mit dem Konflikt in Abchasien beschäftigt gewesen sei, hätte der eine Clan die Gasversorgung, der andere den Weinanbau kontrollieren können. Aufgabe der Parlamentarier ist es nun, in ihre Wahlkreise zurückzukehren und sich dort um eine Stabilisierung der örtlichen Verwaltung zu kümmern. Zugleich wird aber auch die Kontrolle über die Medien verschärft. Sabine Herre

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