piwik no script img

GentrifizierungNicht mehr, nur teurer

Die Grünen fürchten, dass in der Wulffschen Siedlung keine Wohnungen neu entstehen. Dafür hätte der Senat nicht den Bürgerentscheid kassieren müssen.

Von den Eigentümern gibts nur Absichtserklärungen: die Wulffsche Siedlung. Bild: Claus-Joachim Dickow/Wikimedia

HAMBURG taz | Die Grünen sorgen sich, dass die Wulffsche Siedlung in Langenhorn saniert und neu bebaut werden könnte, ohne dass es am Ende auch nur einen Wohnung mehr gibt. „Der Senat verlässt sich blind auf zweifelhafte Zusagen von Investoren“, kritisiert der Bürgerschaftsabgeordnete Olaf Duge. Wie mehrere Anfragen an den SPD-Senat zeigten, habe dieser keine Handhabe, den Bau zusätzlicher Wohnungen durchzusetzen. Am heutigen Dienstag will die Kommission für Stadtentwicklung die öffentliche Auslegung des entsprechenden Bebauungsplans beschließen.

Die Wulffsche Siedlung ist eine Reihenhaussiedlung aus dem Jahr 1942: einfache Häuser mit niedrigen Mieten. Aus Sicht der Eigentümer sind die Häuser nicht mehr zeitgemäß. Sie wollen sie teils erweitern, teils neu, größer und höher bauen.

Gegen das Vorhaben hat sich 2011 eine Initiative formiert, die einen Bürgerentscheid auf Bezirksebene durchsetzte und gewann. Sie wollte zum einen den Gartenstadt-Charakter der Siedlung erhalten und äußerte die Befürchtung, die heutigen Mieter könnten die in Zukunft höheren Mieten nicht bezahlen und würden vertrieben.

Die Gartenstadt

Die Wulffsche Siedlung umfasst 550 Wohnungen in 34 Gebäuden.

Nach der Modernisierung sollen es noch 31 Gebäude sein - mit bis zu 150 zusätzlichen Wohnungen, davon 60 Prozent gefördert.

Eigentümer sind die Familien Pisani und Rickertsen / Haas. 2010 verkauften sie rund 50 Prozent des Wohnungsbestandes an die Stuttgarter GWG Gesellschaft für Wohnungs und Gewerbebau.

Weil der Senat als oberstes Ziel den Wohnungsbau ausgegeben hat, ignorierte er den Bürgerentscheid. Er schloss mit den Eigentümern einen städtebaulichen Vertrag, der den Bau von 150 zusätzlichen Wohnungen ermöglicht, von denen 90 öffentlich gefördert sein sollten. Für den Bebauungsplan sind als Ziele die „Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum“ und die energetische Modernisierung genannt. Zudem soll der Siedlungscharakter erhalten werden.

Duge stört sich daran, dass der Vertrag den Bau zusätzlicher Wohnungen nicht vorschreibt. „Die Stadt hat den Investoren einen Blankoscheck unterschrieben“, kritisiert er. Statt mehr Wohnungen könnten auch einfach nur größere entstehen. Zudem fehle im Vertrag ein mittelfristiges Verbot, Miet in Eigentumswohnungen umzuwandeln.

„Das Vertrauen des Senats in die angeblichen mündlichen Zusagen des Investor scheint grenzenlos zu sein“, wundert sich Duge. Dabei sei der Senat nach ähnlichen Zusagen schon zweimal auf dem Bauch gelandet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!