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Gentechnik ist „unnatürlich“

■ betr.: „Ohne ideologische Scheu klappen“ von Manuel Kiper, taz vom 25. 4. 96

[...] Manuel betreibt das Geschäft der Betreiber: Wir stehen weder in der medizinischen Gentechnik auf dem Abstellgleis, noch verpassen wir eine „Enzymdebatte“. Letztere gibt es nicht, sie wird von ihm postuliert, um seine Absichten zu untermauern, erstere wird geführt. Marina Steindor diskutiert mit Jens Reich, die Bundesarbeitsgemeinschaft lädt Krebsforscherinnen zu Referaten und Diskussionen ein, einzelne Landesverbände streiten um ihre Positionen in diesem Bereich. Jedem/r, der/ die näher mit der Auseinandersetzung um die Gentechnik vertraut ist, fällt sofort ins Auge, daß Manuel die Bereiche, wo die gesellschaftliche Akzeptanz für Gentechnik nahezu völlig fehlt, konsequent außer acht läßt.

Freisetzungen gentechnisch manipulierter Organismen und gentechnische Lebensmittel sind nicht sein Thema. Mit seiner schon grundsätzlich geäußerten Befürwortung auch dieser Anwendungsbereiche hat er sich mittlerweile in Partei und Fraktion völlig isoliert. Er weiß auch, daß sich Bündnis 90/Die Grünen im Bereich der Medizin bewegen. Im letzten Bundestagsprogramm wurde dafür bereits eine abwägende Klausel beschlossen, weil wir uns dem Leidensdruck kranker Menschen nicht verschließen wollen. Was wir jedoch tun, ist die grundsätzliche Ablehnung der Gentechnik beibehalten, gentechnikfreie Alternativen aufzeigen – im medizinischen Bereich zum Beispiel durch systematische Erfassung von Naturstoffen.

Und diese grundsätzliche Ablehnung hat selbstverständlich damit zu tun, daß Gentechnik „unnatürlich“ ist. Wo sonst werden Artgrenzen willkürlich über ganze Organismenreiche weg überschritten, wo sonst wird von „synthetischer Biologie“ gesprochen? Das gerade ist die Stärke bündnisgrüner Technologiekritik – nicht am technischen Detail anzusetzen, sondern an der ethischen und weltanschaulichen Basis des menschlichen Tuns.

Manuels „Verfangenheit“ im technologischen Ansatz spiegelt sich auch in seinem Lieblingsthema, den Enzymen. Auf die Idee, daß wir unseren Reinheitsfimmel hinterfragen könnten, kommt er schon gar nicht mehr. Und: Selbstverständlich wird dadurch beim Waschen Energie gespart. Aber wollen wir dafür das Risiko freigesetzter Bakterien und Pilze in Kauf nehmen. Und wollen wir uns der Kraft des Faktischen einfach unterwerfen? Wir müssen es nicht, denn die gentechnikfreie Alternative, Enzyme aus hitzeresistenten Bakterien zu isolieren, wird bereits erforscht. Ob Verkehr, Chemie, Gentechnik: Wenn wir die „ökologische Wende“ wirklich wollen, dann müssen wir auch unsere Bequemlichkeit hinterfragen und scheinbaren Verzicht auf langfristigen Gewinn erkennbar machen. Dort haben Grüne schließlich mal mit dem Überlegen angefangen. Thomas Blachnik-Gölle,

Wissenschaftlicher Mitarbeiter,

Büro Marina Steindor, MdB,

Bündnis 90/Die Grünen

Unbeschwert darüber lachen, daß die Grünen vor zehn Jahren beschlossen, Computer zu boykottieren, kann auch nur, wer die Schlüsselrolle der Computer beim derzeit ungebremst voranschreitenden Arbeitsplatzabbau geflissentlich übersieht. [...]

Manuel Kipers Ruf nach besseren Sicherheitsbestimmungen in Ehren, aber wie uns die Atomtechnik just vor zehn Jahren besonders deutlich vor Augen geführt hat, sind Unfälle letztendlich immer nur bis zu einer endlich niedrigen Wahrscheinlichkeit vermeidbar und das ist um so schlimmer, als die Größenordnung des Schadens bei diesen Techniken prinzipiell nicht begrenzt beziehungsweise begrenzbar ist.

Demgegenüber stehen nur vage Hoffnungen: Die meisten seiner Positivbeispiele sind kein originäres Produkt der Gentechnik, sondern damit lediglich in großtechnischem Maßstab herstellbar. Doch gerade das Beispiel Betaferon zeigt die Kehrseite selbst der kontrollierten Nutzung: Wenn mehrstellige Millionenbeträge investiert werden müssen, entstehen gefährliche Machtkonzentrationen, und ein skrupelloser Manager genügt, um die ehrenwerte Motive wohlmeinender Forscher ad absurdum zu führen. [...] Sollen wir freiwillig diese Risiken eingehen für Schnelltests auf exotische Viren, oder die verbesserte Erkennung bestimmter Krankheitserreger-Subtypen, die mit entsprechendem Aufwand (wie für die Gentechnologie) sehr wahrscheinlich auch anders hätten entwickelt werden können? Werner Behrendt, Holste

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