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Genossen machen die tazWirtschaft der Schwarmintelligenz

Ein Open-Source-Projekt entwickelt auf hohem technischem Niveau nachhaltige Industriemaschinen. Sie könnten ein gutes Leben ermöglichen, lokale Wirtschaftsförderung inklusive.

Online-Plattform „Open Source Ecology“: ein Baukasten für das „globale Dorf“. Bild: screenshot: opensourceecology.org

BERLIN taz | Wer auf den globalen und industrialisierten Märkten konkurrenzfähig bleiben will, muss zwangsläufig viel Kapital in die Hand nehmen. Hohe Produktivität benötigt viel Umsatz und damit Betriebe und Maschinen. Kleinere Unternehmen kämpfen dabei ums Überleben.

In der Landwirtschaft fällt da mancher Familienbetrieb in Deutschland oder den USA denselben Mechanismen zum Opfer wie der senegalesische Bauer. Das musste auch Marcin Jakubowski im amerikanischen Bundesstaat Missouri erfahren. Der Kleinfarmer stellte fest, dass es in den USA fast nur noch Landmaschinen zu kaufen gibt, die auf Großbetriebe ausgelegt sind.

Doch der promovierte Physiker wusste sich zu helfen und begann damit, seinen eigenen Traktor zu entwickeln: einfach zu bauen, effizient und kostengünstig – eine Maschine, die vielleicht sogar der Bauer in Senegal konstruieren könnte. Hätte er das nötige Wissen dazu.

An diesem Punkt kommt das so genannte Web 2.0 ins Spiel: Jakubowski gründete gleichzeitig mit der Entwicklung des Traktors „Open Source Ecology“ – eine Online-Plattform für die gemeinschaftliche, für jeden zugängliche Entwicklung von leistungsstarken, robusten und einfach zu reparierenden Maschinen. Die braucht es den Entwicklern zufolge, um auf heutigem technischem Niveau autark und nachhaltig zu wirtschaften.

Global Village Construction Set

Die Traktoren, die Open Source Ecology entwickelt, sind damit nur Teil einer großen Idee: Erklärtes Ziel ist die Entwicklung von 50 Maschinen, die das so genannte Global Village Construction Set bilden – einen Baukasten für „das globale Dorf“. Von einer Brunnenbohranlage über Industrieroboter bis hin zum 3-D-Drucker – einfach konstruierbar, überall auf der Welt.

RON JACOB

ist taz-Genosse, Student und aus Cottbus.

2014 soll Jakubowskis Farm alles Nötige zum (guten) Leben selbst produzieren können. Die Schaffenskraft von hunderten begeisterten Menschen treibt die Entwicklung voran. Wie bei dem Open-Source-Betriebssystem Linux setzen die gemeinschaftlichen, offenen Entwicklungsprozesse bei Open Source Ecology enormes Potenzial frei.

Konkurrenz mag ein gutes Druckmittel für höhere Produktivität sein, doch bekommen wir die Folgen davon im täglichen Leben zu spüren. Open Source Ecology könnte dagegen den Weg dafür bereiten, dass Menschen in vielen Teilen der Welt unabhängiger werden und stabiler wirtschaften können. Nach Jakubowskis Aussagen sollen zwei Jahre intensives Training ausreichen, damit ein Laie das Global Construction Village-Set nutzen kann.

Sind die Ideen von Open Source Ecology umsetzbar, hätte das Konsequenzen. Menschen, die sich selbst mit den Gütern moderner Zivilisationen versorgen können, werden sich nicht unfairen Bedingungen hingeben, Umweltverschmutzung und Ressourcenverschwendung akzeptieren. Sie werden gemeinsam weltweit nach Lösungen für ihre Probleme suchen. Open Source Ecology – der Traum vom guten Leben?

Dies ist ein Text aus der Sonderausgabe „Genossen-taz“, die am 14. April erscheint. Die komplette Ausgabe bekommen Sie am Samstag an Ihrem Kiosk oder am eKiosk auf taz.de.

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2 Kommentare

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  • T
    Tom

    Ich kann Michael nur zustimmen. Insgesamt zeichnet sich hier ein inkonsistentes Bild, wenn die TAZ einerseits lobenswerte Projekte wie die Open Source Ecology unterstützt, andererseits eine Graswurzelbewegung wie das Zeitgeist Movement, welches sich für genau diese Art der Open-Source-Denkweise einsetzt, auf schlecht recherchierte Art und Weise verhetzt.

     

    Bitte mehr Konstruktivität wie in diesem Artikel und weniger hetzerisches Gegeneinander wie vor einigen Monaten.

  • M
    Michael

    Wow! Toller Artikel. Die TAZ hat zwar nichts für eine Organisation wie die Zeitgeist Bewegung übrig, deren Aufgabe es ist, sinnvolle Nachhaltigkeitsprojekte wie eben die Open Source Ecology in die Öffentlichkeit zu tragen, doch nun gibt man sich wieder etwas offener.

     

    Das Lob bekommt somit an dieser Stelle der Autor dieses Artikels. Von Autoren, die nur auf Polemik und Diffamierung verwenden, um hetzerische Schlagzeilen zu produzieren sollte man sich trennen.

     

    Die TAZ sollte zukünftig in der Auswahl hier etwas mehr Fingerspitzelgefühl beweisen. Mit diesen Artikel wirds endlich mal wieder lösungsorientiert. Etwas was in diesen Zeiten vonnöten ist.