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Genitalverstümmelung in Deutschland13.000 Mädchen sind gefährdet

Terre des Femmes geht davon aus, dass in Deutschland rund 58.000 Frauen leben, die Opfer von Genitalverstümmelung geworden sind.

Eine Frau kämpft mit den schweren Folgen von Genitalverstümmelung, die sie als Kind erlitten hat Foto: dpa

Berlin dpa | Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes schätzt, dass in Deutschland aktuell mehr als 13.000 Mädchen von Genitalverstümmelung bedroht sind. Das sind rund 4000 mehr als noch vor einem Jahr. „Bedingt durch den Zuzug aus Ländern wie Eritrea, Somalia und dem Irak verzeichnen wir einen enormen Anstieg bei der Zahl der betroffenen Frauen und gefährdeten Mädchen“, berichtete Terre-des-Femmes-Mitarbeiterin Charlotte Weil der Deutschen Presse-Agentur.

Die Autorin einer Dunkelzifferstudie zu dem Thema geht davon aus, dass in Deutschland inzwischen rund 58.000 Frauen leben, die Opfer der sogenannten Mädchenbeschneidung sind.

Die Verstümmelung der weiblichen Sexualorgane wird in vielen afrikanischen und einigen asiatischen Ländern praktiziert. Sie steht in Deutschland unter Strafe. „Uns sind keine Fälle bekannt, wo Mädchen in Deutschland verstümmelt wurden. Das passiert entweder während eines Heimaturlaubes, oder man sucht Beschneiderinnen aus dem Herkunftsland auf, die in anderen europäischen Städten leben, etwa in Paris oder Amsterdam“, sagte Weil.

Auch die Zahl der Sozialarbeiterinnen, Lehrerinnen und Ärztinnen, die sich bei Terre des Femmes meldeten, um gefährdeten Mädchen zu helfen, sei stark gestiegen. Seltener riefen auch Mütter an. Zuwanderer aus dem Senegal und aus Gambia zeigten sich oft offen für Aufklärungsangebote. Migranten aus Guinea und Somalia seien meist nicht bereit, über diese Tradition zu sprechen. Lehrkräfte sollten hellhörig werden, wenn Schülerinnen von einem anstehenden Heimaturlaub und einem geplanten „großen Fest“ berichteten.

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3 Kommentare

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  • Jede Form der Genitalverstümmelung ist ein schweres Verbrechen am Menschen! Hier darf es kein nachsichtiges Verständnis für die feudale Tradition und unaufgeklärte Kultur geben, unabhängig von der Herkunft und Hautfarbe der daran beteiligten Menschen! Ihre Ursache liegt zweifellos auch im überlieferten Aberglauben und in der fehlenden sozioökonomischen kapitalistischen Entwicklung der Produktionsverhältnisse und der damit verbundenen fehlenden bürgerlichen Aufklärung in den Herkunftsregionen. Aufklärung ist wichtig, aber sie kann nicht Jahrhunderte an fehlender ökonomischer und sozialer Entwicklung in wenigen Jahren überspringen. Dafür hat man auch in Europa Jahrhunderte der ökonomischen und bürgerlichen Entwicklung benötigt. Selbst der Verweis auf den Rückfall, in den europäischen Kapitalfaschismus im 20. Jh., darf für diese Menschenschändung keine Rechtfertigung und Billigung sein! Der Schutz der Kinder und Jugendlichen, hat Vorrang vor der unaufgeklärten mittelalterlichen und überlieferten feudalen Tradition und Kultur! Dies gilt so aber auch bei analogen religiösen und traditionellen Verbrechen in ökonomisch und sozial entwickelten Gesellschaften! Ein erwachsener und geistig mündiger Mensch dürfte sich dafür am eigenen Körper wohl kaum entscheiden. Wenn aber die persönliche und geistige Reife für diese (falsche) Entscheidung vorhanden sein sollte, dann sollte es in der freien Entscheidung des Religiösen liegen. Aber damit nicht in der Entscheidungsgewalt der jeweiligen religiösen Glaubensgemeinschaft.

  • Immerhin wird die Genitalverstümmelung bei Frauen gesetzlich verboten und gesellschaftlich verachtet. Würde mir auch das selbe bei Jungen wünschen.

    • @Mantis Toboggan:

      Männer ohne Vorhaut haben zumindest keine Schmerzen beim Laufen, Urinieren, spätestens beim Geschlechtsverkehr. Oder? Wahrscheinlich wird die Beschneidung von Jungs deshalb noch akzeptiert. Dass ein „medizinischer“ Eingriff ohne körperliche Notwendigkeit erfolgt, ist nicht zu bestreiten.

      Mädchen werden entstellt und verstümmelt, so dass sie neben dem grausamen Erlebnis auch noch in Schmerzen leben müssen.