Generaldebatte im Bundestag: Zeit für einen Rundumschlag
Bundeskanzlerin Merkel nennt den Klimaschutz eine „Menschheitsherausforderung“. Zum Schluss formuliert sie einen Appell an alle Bürger.
„Das, was wir täglich erleben, Angriffe auf Juden, Angriffe auf Ausländer, Gewalt und auch verhasste Sprache, das müssen wir bekämpfen“, sagt Merkel. Die Regierung wolle dazu beitragen, indem sie das Ehrenamt stärke, aber sie könne „noch so viel an Steuermitteln in verschiedene und wichtige Projekte verteilen. Wenn nicht klar ist, dass es in diesem Land null Toleranz gegen Rassismus, Hass und Abneigung gegen andere Menschen gibt, dann wird das Zusammenleben nicht gelingen.“
Der Bundestag hat am Mittwochvormittag über den geplanten Etat der Bundesregierung diskutiert. Es ist die Generaldebatte, die Stunde der Rundumschläge. Auch bei Merkel, wobei sie die starken Verluste der CDU bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen unerwähnt ließ. Stattdessen: Weltpolitik, Klimapolitik.
Zu Beginn ihrer Rede kommentiert die Kanzlerin in wenigen Minuten, fast schon im Vorbeigehen, die aktuellen Herausforderungen der Außenpolitik. Sie sagt, sie wolle damit den „Rahmen“ der Haushaltsdebatte setzen. Der Brexit: Es gebe Chancen, ihn geordnet hinzubekommen, man sei aber auch auf einen ungeordneten Brexit vorbereitet. Hongkong: Die Einhaltung der Menschenrechte sei unabdingbar, darauf habe sie auch bei ihrem jüngsten Besuch hingewiesen. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner wird trotzdem später kritisieren, dass Merkel sich nicht mit dem Aktivisten Joshua Wong getroffen hat, der derzeit in Deutschland ist.
Die Supermacht USA: Trotz Meinungsverschiedenheiten teile man die gleichen Werte. Die Rivalität zwischen den USA und China, das Erstarken von Russland: Die Chance für Europa, neue Stärke zu entwickeln, auch in Form einer gemeinsamen Verteidigungspolitik. Bürgerkriegsland Libyen: Die Lage dürfe man nicht zu einem Stellvertreterkrieg eskalieren lassen. Iran: Schritt für Schritt Lösungen finden. Schließlich die Empfehlung, diese Konflikte multilateral zu lösen. „Kein Land auf der Welt kann seine Probleme alleine lösen“, sagt Merkel. Deutschland werde seine Verteidigungsausgaben in Richtung der Zwei-Prozent-Vorgaben der Nato bewegen. Dann: Europa müsse ein Motor in der Klimapolitik sein; der Klimaschutz sei eine „Menschheitsherausforderung“.
Im Folgenden gesteht Merkel ein, dass Deutschland die Klimaziele für 2020 verpasst habe, die Ziele für 2030 werde man darum „verlässlich erreichen“ müssen. Wie? Die Bepreisung und Besteuerung von Kohlendioxid sei richtig, das Geld, das der Staat dabei einnimmt, solle an die Bürger zurückgehen, „damit sie den Umstieg mit uns schaffen können“. Es werde Geld kosten, wenn Deutschland den Klimaschutz vorantreibe.
Merkel sagt, der Strom aus erneuerbaren Energien müsse ausgebaut werden, und erwähnt explizit Windkraft aus Offshore-Parks. Gerichtsverfahren und Einsprüche gegen den Bau solcher Anlagen müssten „verkürzt“ werden, um voranzukommen. Dann ein Seitenhieb: Verhindert werden müsse, „dass es eine Art Arroganz derjenigen gibt, die in der Stadt leben, gegenüber denen, die auf dem Land leben“.
Weiterhin fordert die Kanzlerin einen flächendeckenden Ausbau der Breitbandleitungen, Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz. Sie lobt die Arbeit der Regierung, die Familien seien um 10 Milliarden Euro entlastet worden, der Soli abgeschafft, die kalte Progression ausgeglichen. Da meldet sich lauter, die Rede unterbrechender Widerspruch vonseiten Christian Lindners. „Das sagt sogar der Bund der Steuerzahler. Sie waren doch dabei, Herr Lindner“, antwortet Merkel. Danach hebt die Kanzlerin noch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz hervor und bezeichnet die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland als „überwölbende“ Aufgabe der Koalition. Am Schluss dann der Appell gegen rassistische Angriffe. Linke, SPD, CDU und Grüne applaudieren – die AfD nicht.
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