Generaldebatte im Bundestag und Linke: „Wir hatten recht“
Oppositionsführer Gysi gibt „westlichen Staaten“ die Hauptschuld an der Flüchtlingskrise. Außenminister Steinmeier widerspricht – indirekt.
Das Parlament berät in dieser Woche über den Bundeshaushalt. Höhepunkt ist dabei traditionell die Generalaussprache am Mittwochvormittag: Formal steht der Etat des Kanzleramts auf der Tagesordnung. De facto aber nutzt die Opposition die Gelegenheit, um ganz allgemein mit dem Kurs der Regierung abzurechnen. Im Mittelpunkt steht dieses Mal die Flüchtlingssituation.
Als Oppositionsführer darf Gysi die Debatte eröffnen. Von Beginn an macht er deutlich: Er will über die Fluchtursachen sprechen. „Krieg muss überwunden werden, wenn man nicht will, dass Menschen fliehen“, sagt er und schlägt einen ähnlichen Ton an wie seine designierten Nachfolger Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch.
Die zukünftigen Fraktionschefs der Linkspartei veröffentlichten am Wochenende ein gemeinsames Positionspapier zur Flüchtlingspolitik. Die Schuld an den hohen Flüchtlingszahlen schoben sie darin in erster Linie in Richtung Washington: „Westliche Staaten unter der Führung der USA haben ganze Regionen destabilisiert“, schrieben die beiden Linken-Politiker.
Gysi wird konkreter: Syrien, Libyen, Irak, Jemen und Somalia – überall dort gebe es keinen funktionierenden Staat mehr. Oft seien solche Failed States eine Folge der „vom Westen geführten Kriege“; außerdem kauften Kriegsparteien ihre Waffen häufig bei deutschen Herstellern.
Als Gysi mit seiner Aufzählung fertig ist, dreht er sich um. Er sei gespannt, was die Bundeskanzlerin dazu zu sagen habe, ruft er in Richtung der Regierungsbank.
Merkel geht nicht auf Gysi ein
Als Angela Merkel selbst später am Rednerpult steht, geht sie auf Gysis Schuldfrage aber gar nicht erst ein. Die Kanzlerin redet über die Verteilung der Verantwortung innerhalb der EU, über die Integration der Neuankömmlinge in Deutschland und über Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber. Bei den Fluchtursachen bleibt sie aber nebulös. „Wir merken plötzlich über europäische Grenzen hinaus: Wenn wir außenpolitisch etwas nicht tun, kann das innenpolitisch gravierende Folgen haben“, sagt Merkel. Das ist alles.
Kontra bekommt Gysi erst später, zumindest indirekt. Am Nachmittag, als sich die Reihen im Plenarsaal längst gelichtet haben, erhält Außenminister Frank-Walter Steinmeier das Wort. Er spricht über den Krieg in Syrien, von wo so viele Flüchtlinge nach Deutschland aufbrechen.
Der Atom-Deal mit dem Iran böte Hoffnung, auch in Syrien wieder an den Verhandlungstisch zu kommen, sagt der Außenminister. Er sei bestürzt, dass ausgerechnet jetzt Frankreich und Russland über Luftangriffe in Syrien nachdenken – und Russland offenbar Militärmaterial an Syriens Präsident Assad liefere. „Es kann nicht sein, dass jetzt wichtige Partner, die wir brauchen, auf die militärische Karte setzen“, sagt Steinmeier.
Bei Gregor Gysi war davon am Vormittag nicht die Rede. Mit Kritik an Militärschlägen des Westens und der USA hatte sich der Linken-Fraktionschef zwar nicht zurückgehalten. Über Putins mutmaßliche Waffenlieferungen an Assad beschwerte er sich aber mit keinem Wort.
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