wortwechsel
: Gendergerechte Sprache, Sterbehilfe

Kein Konsens in der Sprachkritik: Zu starker Eingriff in die Grammatik oder nötig für Sichtbarkeit aller Geschlechter? Assistierter Suizid nicht in christlichen Einrichtungen

Kuckuck! Ich bin ein Gendersternchen Foto: Sascha Steinach/imago

Sinn und Unsinn

„Warum kriegen wir Hausauf­gaben auf?“,

taz vom 6. 2. 21

Es tut mir leid, aber Kilian (11) scheint mir kritischer zu sein als der Autor des Artikels. Sinn und vor allem Unsinn der Hausaufgaben wird von namhaften Pädagogen diskutiert und ist in zahlreichen Studien untersucht worden – meistens mit einem verheerenden Ergebnis für dieses Ritual.

Ausgerechnet zwei TäterInnen zu befragen und ihre zum Teil redundanten Antworten in nicht kindgerechter Sprache wiederzugeben, wird der Frage nicht gerecht. Seine Lehrer wird Kilian wahrscheinlich ja auch schon gefragt haben, warum sie Schule nach zu Hause verlagern.

Und die Kleinen Erwachsenen damit zu trösten, dass die Großen Erwachsenen auch viel Arbeit haben, ist platt. Das geht an der Ernsthaftigkeit des Problems meilenweit vorbei.

Johannes Hartinger, Oberhausen

Bitte keine Doktrin

„Adieu, Bioschnitzel!“,

taz vom 5. 2. 21

Warum die Überschrift an das Bioschnitzel adressiert, ist für mich nicht nachvollziehbar. Die Massentierhaltung, Billigfleisch und daraus resultierend niedrige Preise für Fleisch sind doch das wesentliche Problem. Biofleisch bildet die Erzeugerkosten angemessen ab, es ist wesentlich teurer, der Konsum dadurch bewusster und weniger. Bitte prüft das nochmal.

Ich lebe vegetarisch bis vegan, möchte aber auch niemandem in meinem Umfeld das Bioschnitzel madig machen. Aufklärung ja, Bio ja gerne, Doktrin nein. Umweltfolgeschäden müssten, wie es bei anderen Themenbereichen auch diskutiert wird, beim Billigerzeuger mitgerechnet werden, dann würde sich sehr bald etwas ändern. Die Politik dahin zu bewegen, das ist der größte Schritt.

Marlen Böhme, Berlin

Es bedarf Demut

„Sorry seems to be the hardest word“,

taz vom 10. 1. 21

Oh wie wahr: Fehler einzugestehen bereitet uns Deutschen wohl große Schwierigkeiten. Und dennoch habe ich mich über den Artikel geärgert: Man kann sich nicht selber ent-schuldigen! Es ist immer nur möglich, den/die An­de­re*n um Entschuldigung zu bitten. Es regt mich immer auf, wenn sich Leute angeblich selber entschuldigen und die geschädigte Person darf gar nichts dazu sagen. Seht endlich ein, dass es einer gewissen Demut bedarf, um Entschuldigung zu bitten und dann abzuwarten, wie das Gegenüber reagiert.

Benjamin Pütter, Freiburg

Eine Sprache für alle

„Sprachkritik darf kein Elitenprojekt sein“,

taz vom 6. 2. 21

Es ist keine Lösung, Sprache einfach zur grenzenlosen Spielwiese zu erklären. Das mag in abgegrenzten Communitys funktionieren, für öffentliche Debatten aber geht es nicht ohne Sprachkonsens. Eine funktionierende Demokratie braucht einen solchen Konsens. Wisst ihr, was cool wäre? Wenn die taz nach Jahrzehnten des Gendersprechs mit Sternchen, Unterstrichen und so weiter beschließen würde, Fortschritt neu zu definieren. Wer, wenn nicht die taz, könnte ganz souverän einräumen, mit dem Anspruch total gescheitert zu sein, mittels Gendersprach Frauen und Mädchen substanziell zu helfen. Die taz sollte sich darauf konzentrieren, jenseits des Schaukulturkampf-Elements namens Gendersprache, echte und wirksame Unterstützung von bislang Benachteiligten in den Mittelpunkt zu stellen, statt Energien mit pseudolinkem Sprech-Umerziehungsdiktat zu verschwenden. Linke sollten immer auf einer Sprache bestehen, die jeder versteht – und alle, insbesondere Zuwanderer, möglichst schnell lernen können. Eine Sprache für alle, das müsste das Projekt der taz sein.

Bernhard Bomke, München

Über dem Gesetz?

„Jedes Leben ist lebenswert“,

taz vom 11. 2. 21

Das Bundesverfassungsgericht hat am 26. Februar 2020 entschieden, dass assistierter Suizid legal ist. Dass unser Gesundheitsminister sich weigert, dieses Urteil zu akzeptieren, ist schon Skandal genug. Von der katholischen Kirche weiß man, dass sie auch hier Rechtsbruch begehen wird. Und nun wollen sich evangelische Einrichtungen dem anschließen. Schon wieder stellt sich die Kirche über den Staat und meint, ihre eigenen Gesetze machen zu können.

In vielen Gegenden existieren nur kirchlich gebundene Pflegeheime, und alte Menschen haben keine Wahlmöglichkeit, sich ein Heim nach ihrer geistigen Ausrichtung aussuchen zu können. Da die kirchlichen Träger die Kosten für ihre Heime zu fast 100 Prozent vom Staat erstattet bekommen, weil der Staat keine eigenen Heime betreiben muss, ist es eine Unverschämtheit, wenn sich die Heime nicht an gesetzliche Vorgaben halten.

Anneliese Fleischmann-Stroh, Heilbronn

So lassen, wie es war

„Sprachkritik darf kein Elitenprojekt sein“,

taz vom 6. 2. 21

Ein fantastischer Beitrag von Frau Winkelmann zu Gender-Pay-Gap und dem Versuch, es in Schrift und Sprache jedem recht zu machen. Meiner Meinung nach ist dies gar nicht möglich. Zudem die *-Variante meines Erachtens die undurchdachteste und liebloseste ist. Hierbei steht doch wieder der männliche Part am Anfang und der „Rest“ kommt noch extra hervorgehoben durch ein Sternchen als Anhängsel sozusagen hintendran.

Zudem ist diese Lösung nicht zu Ende gedacht, da nicht für jeden Fall anwendbar. Im Radio sprach eine Moderatorin neulich allen Ernstes von Kolleg*Innen. Meine Bitte wäre es, hier noch einmal nachzubessern und zumindest eine Lösung zu finden, die grammatikalisch korrekt ist.

Ullrich Herzau, Berlin

Drama

„Ein dünner Strohhalm“,

taz vom 7. 2. 21

Es bleiben Zweifel, ob die SPD wirklich ihren aussichtsreichsten Mann für die nächste Bundestagswahl nominiert hat, da ein glaubhafter Neuanfang, mit dem sich am ehesten Vertrauen zurückgewinnen lässt, vor allem frische Gesichter und keine altgedienten Kader erfordert. Zum anderen muss sich erst erweisen, inwieweit der ökologische Quantensprung ernst gemeint und nicht nur rein taktischer Natur ist, da der Vizekanzler in seiner Zeit als Bürgermeister, die noch gar nicht so lange zurückliegt, eine Stadt wie Hamburg eher zu einem Schlusslicht bei der Verkehrswende gemacht hat, wie zum Beispiel mit der Antithese zum erfolgreichen Wiener Modell, wonach für die Betriebskostensteigerungen im öffentlichen Personennahverkehr dessen Nutzer möglichst alleine in Form von immer teureren Ticketpreisen aufkommen sollen. Deshalb dürfte das Drama der Sozialdemokratie noch lange nicht ausgestanden sein.

Rasmus Ph. Helt, Hamburg

Das letzte Tabu

„Jedes Leben ist lebenswert“,

taz vom 11. 2. 21

Schon immer wollten die christlichen Kirchen Menschen vorschreiben, wie sie zu leben haben. Aus dieser Schuld, gegen angeblich göttliche Gesetze zu verstoßen, kann nach dem Selbstverständnis der Kirche nur sie uns erlösen. Nachdem die Aufklärung die Macht der Kirche in vielen Bereichen eingeschränkt hat, bleibt als letztes Tabu der selbstbestimmte Tod. Ich will, dass in Krankenhäusern in kirchlicher Trägerschaft, die durch die Allgemeinheit, über die Krankenkassen finanziert werden, der Wunsch nach einem ärztlich assistierten Suizid respektiert und im Rahmen eines Gesetzes befolgt werden kann! Ingo Steinhoff, Bochum