: Gemeinsame Sache mit VW-Chefs
betr.: „Globalisierung von unten“, taz.mag vom 5./6. 8. 00
Wir wenden uns gegen die einseitige Darstellung des Konfliktes um die Entlassung der 1.300 südafrikanischen VW-Arbeiter im Werk Uitenhage, mit der der taz-Journalist das Vorgehen des VW-Konzerns rechtfertigt. Die Umsetzung der von VW und der Gewerkschaft Numsa ausgehandelten A4-Exportvereinbarung beinhaltete die Verschlechterung der Überstunden- und Urlaubsregelung, Kürzung der Pausenzeiten und sozialer Errungenschaften. Die Unzufriedenheit unter Teilen der Belegschaft wurde von 13 der 1998 demokratisch gewählten Shopstewards (Vertrauensleute) aufgegriffen. Damit kamen sie in Konflikt mit der Co-Managementpolitik eines Teils der Shopstewards, welche durch die Numsa-Führung gedeckt wurde. Die Numsa-Führung drängte darauf, die 13 abzusetzen. Auf einer betrieblichen Gewerkschaftsversammlung, an der nur 60 Mitglieder teilnahmen, wurden sie ohne Anhörung des Amtes enthoben. Auf diese unrechtmäßige Absetzung antwortete die Belegschaft mit Widerstand.
Der Konflikt im SAVW-Werk ist kein Einzelfall. In allen südafrikanischen Gewerkschaften gibt es Auseinandersetzungen, die bis zu Massenaustritten, Abspaltungen und Neugründungen führten. Die Ereignisse im SAVW-Werk zeigen exemplarisch, welch negative Folgen es haben kann, wenn solche Konflikte auf eine undemokratische Weise ausgetragen werden. Er zeigt auch die Unfähigkeit des VW-Weltbetriebsrates, einen entschiedenen internationalen Widerstand zu organisieren. Nicht nur, dass den 1.300 entlassenen KollegInnen die Solidarität verweigert wurde, er verurteilte die Streikaktionen als illegal und kriminell und bildete damit einen Block mit dem VW-Konzernvorstand.
Um eine objektive Einschätzung zu geben, war eine Delegation deutscher Gewerkschafter im SAVW Uitenhage. Folgendes Bild zeigte sich vor Ort: Die Belegschaft stand während des Konfliktes ohne betriebliche Interessenvertretung da. Ein Teil der Shopstewards war zurückgetreten, der andere Teil wurde suspendiert. Demzufolge war der Streik nicht illegal, sondern er richtete sich auf die Wiedereinsetzung der innerbetrieblichen Interessenvertretung. Alle 1.300 wurden ohne Anhörung entlassen, was nicht dem südafrikanischen Arbeitsrecht entspricht. Die den Streikenden unterstellte Gewalt innerhalb der Belegschaft, um diese zu Streikaktionen zu zwingen, sind unbewiesene Behauptungen.
Durch das Vorgehen des Konzerns und des Weltbetriebsrates sind 1.300 südafrikanische KollegInnen und ihre Familien in existenzielle Not geraten. Wir wollen sie mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen. Es haben einige Aktionen und Spendensammlungen von deutschen VW-Arbeitern stattgefunden. Was zeigte, dass viele KollegInnen nicht bereit sind hinzunehmen, dass Arbeitnehmerrechte in Südafrika oder anderswo mit Füßen getreten werden. In diesem Sinne fordern wir den Weltbetriebsrat auf, seine gegenwärtige Position zu überdenken und die 1.300 Entlassenen im Kampf um die Wiedereinstellung zu unterstützen. MIKE WIVJORA, KARL HEINZ BEHR,THORSTEN WENDEROTH, IG-Metall VW Kassel
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