Gelungener "Polizeiruf 110"-Krimi: Was er zu viel hat, hat sie zu wenig
Radikaler Schnitt nach unzähligen Umbesetzungen: Das neue Rostocker „Polizeiruf“-Team feiert mit dem Film „Einer von uns“ einen glorreichen Einstieg (Sonntag 20.15 Uhr, ARD).
Nett, wenn einem der Vater mal finanziell unter die Arme greift. Weniger nett, wenn er einem ausgerechnet auf dem Polizeirevier einen prall gefüllten Umschlag zuschiebt – zumindest wenn der Gönner ein stadtbekannter Rotlichtimpresario ist. Nein, Hauptkommissar Alexander Bukow (Charly Hübner) hat es nicht leicht: Sein Alter ist ein Gauner, die alten Freunde sind Kleinkriminelle. So einer gerät schnell unter Korruptionsverdacht.
Um sich vor den alten Seilschaften in Sicherheit zu bringen, ging der Polizist einst von Rostock nach Berlin; jetzt ist er wieder zurück aus der Hauptstadt, irgendwas hat da nicht so recht geklappt. Ausgerechnet seine neue Kollegin, die LKA-Profilerin Katrin König (Anneke Kim Sarnau), soll Bukow im Auge behalten, ob er krumme Dinger dreht. Keine gute Basis für eine Zusammenarbeit.
Dabei ergänzen die beiden sich doch sehr gut: Was er zu viel hat, hat sie zu wenig. Statt einem Haufen Kleinkrimineller an den Hacken und einem Partner in einem baufälligen Einfamilienhaus verfügt Frau König nur über ein schnuckeliges Single-Appartement, in dem sich in den Regalen exquisite US-Fernsehserien stapeln. Und weil sie als Alleinstehende Zeit hat, nimmt sie auch schon mal einen verdächtigen minderjährigen Drogenverticker mit nach Hause, um ihn bei selbst gekochter Bio-Suppe zu verhören.
Ein glorreicher Einstieg für das neue Rostocker „Polizeiruf“-Team ist „Einer von uns“ geworden. Nach den unzähligen personellen Umbesetzungen um Uwe Steimle im Schweriner „Polizeiruf“-Revier wurde es auch Zeit für einen radikalen Schnitt.
Anders als im Vorgänger-„Polizeiruf“ aus MackPom geht es hier auch nicht mehr um den ewigen Ost-West-Kulturclash. Regisseur und Autor Eoin Moore, der die Figuren und das Setting entwickelt hat, ist eher an kleinen Milieudramen interessiert. Der gebürtige Ire hat zuvor sehr gute Gewalt- und Ohnmachtsstudien gedreht („Pigs Will Fly“), aber ehrlich gesagt immer nur halbgute „Polizeirufe“. Zu ambitioniert waren die Themen, zu konventionell die Machart.
Das ist nun anders: Bei der Recherche der Ermittler im Rostocker Hartz-IV-Milieu wird jedes Klischee vermieden, jede Figur erhält ihren Raum; die Kamerabewegung durch die Plattenbausiedlungen sind so geschmeidig wie der Dialekt des in Mecklenburg-Vorpommern aufgewachsenen Hauptdarstellern Charlie Hübner nölig. Nordisch by nature und authentisch bis zu den hier im Imbiss feilgebotenen 1.20-Euro-Currywürsten ist dieser neue „Polizeiruf“.
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