Geldstrafe für Autobahnblockade: Urteil gegen Studenten abgemildert
Studenten, die aus Protest gegen Unigebühren eine Autobahn in Marburg blockierten, sollen nur eine Geldstrafe zahlen. Ein Amtsrichter wollte sie härter bestrafen.
MARBURG taz Wegen der Blockade einer Stadtautobahn sind drei Studierende auch in zweiter Instanz schuldig gesprochen worden. Allerdings milderte das Marburger Landgericht das Urteil von Haftstrafen auf Bewährung zu Geldstrafen zwischen 50 und 70 Tagessätzen wegen Nötigung ab. Das neue Urteil sei ein "Etappensieg und eine gute Grundlage für einen späteren Freispruch", sagte die Angeklagte Lena Behrendes. Noch im Gerichtssaal kündigten die Angeklagten an, das Urteil beim Oberlandesgericht anzufechten.
Gemeinsam mit rund 700 Studierenden hatten die drei im Mai 2006 für eine knappe Stunde die Stadtautobahn im hessischen Marburg blockiert. Damit wollten sie gegen die Einführung von Studiengebühren protestieren. Dass sie das Amtsgericht zu Freiheitsstrafen auf Bewährung verurteilte, hatte bei Studierendenorganisationen und Gewerkschaften bundesweit für Empörung gesorgt. Der Amtsrichter Peter-Jürgen Taszis wertete die Blockade als Freiheitsberaubung und sah in den drei Angeklagten die "Rädelsführer", die als erste auf die Fahrbahn getreten seien und die Autofahrer so zum Anhalten gezwungen hätten.
Diese Einschätzung erwies sich im Verlauf des Berufungsverfahrens als haltlos, entsprechend schnell war auch der Vorwurf der Freiheitsberaubung hinfällig. "Wir wollten einen fairen Prozess", sagte der Angeklagte Max Fuhrmann der taz. "Den haben wir bekommen."
Umstritten ist jedoch auch nach insgesamt sechs Verhandlungstagen in zwei Instanzen, warum die Staatsanwaltschaft erst mehrere Wochen nach der Blockade gegen die Studierenden ermittelte. Die am Tag der Blockade eingesetzten Polizisten hatten die Proteste als strafrechtlich irrelevant eingestuft. Für die Verteidigung stand deshalb fest, dass die Staatsanwälte das Verfahren aus politischen Gründen anstrengten.
Als "Anhänger der Frankfurter Schule" forderte Rechtsanwalt Ullrich von Klinggräff Freisprüche. In Frankfurt wurden vor zwei Jahren nach Blockaden der A 66 keine Anzeigen gestellt - obwohl die Polizei die Autobahn mit Hilfe von Schlagstöcken und Wasserwerfern räumte.
Die Marburger Blockierer müssen sich über die Deckung der Gerichtskosten vorläufig nicht den Kopf zerbrechen: Weit über 20.000 Euro sind mittlerweile auf dem Spendenkonto eingegangen.
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