„Geld ist der falsche Ansatz“

BERUFSBILDUNG Der ehemalige Bäckereibesitzer Christian Tenter backt jetzt andere Brötchen und hilft Menschen bei der Suche nach Berufen, die zu ihrer Berufung passen

„Ich bin überzeugt davon, dass wir die Arbeitsstellen an die Menschen anpassen müssen“

CHRISTIAN TENTER, BERUFUNGSBERATER

VON ANDREAS SCHNELL

Beruf kommt von Berufung. Aber es hat natürlich seinen Grund, dass die deutsche Sprache beide Wörter kennt. Der Beruf ist die Wirklichkeit, die Berufung das Ideal. Die „Berufungsberatung“ von Ursula Maria Lang schließt die Kluft dazwischen – davon ist Christian Tenter überzeugt.

Tenter, der 15 Jahre lang das Bremer Familienunternehmen „Tenters Backhaus“ leitete, stellte eines Tages fest, dass ihm etwas fehlte: „Es gab immer wieder Momente, die mich ins Grübeln brachten, ob ich wirklich das Richtige tue.“ Zwar gab es Bereiche, die ihm Spaß machten, vor allem, wenn er MitarbeiterInnen in ihrer Entwicklung begleiten konnte, „aber das ist schwierig im eigenen Unternehmen, weil man ja Herr über die Arbeitsverhältnisse bleibt“.

Seine Frau machte ihn schließlich auf die „Berufungsberatung“ von Ursula Maria Lang aufmerksam. „Der Ansatz war ganz anders als das, was ich so kannte, weil die Sache ganzheitlich betrachtet wird.“ Der Unternehmer entschied sich für die Ausbildung zum Berufungsberater und schließlich dazu, das Bäckereiunternehmen zu verkaufen. „Das war für mich lange Zeit undenkbar.“ Aber Tenter hatte seine Berufung gefunden: „Menschen zu begleiten, in ihre Kraft zu kommen, ihr Potenzial zu entfalten, endlich das Richtige zu tun – und all das nicht zuletzt auch mit und für Unternehmen.“ Denn auch die sollen profitieren von Angestellten, die nicht nur Dienst nach Vorschrift machen.

Tenter sieht hier auch seitens der Unternehmen Handlungsbedarf: „Es ist heute so, dass man versucht, sich den Anforderungen seines Jobs anzupassen. Der Mensch fängt also an, sich zu verbiegen. Ich bin davon überzeugt, dass wir die Arbeitsstellen an die Menschen anpassen müssen. Dazu braucht es aufgeschlossene Unternehmer. Oder man sucht sich den Job, der zu einem passt. Und diesen passenden Platz gibt es auf dieser Welt immer.“

Das mag blauäugig klingen, aber die Methode scheint erfolgreich zu sein: „Wir haben im letzten Jahr ein Pilotprojekt mit einer Agentur für Arbeit in Süddeutschland durchgeführt“, erzählt Tenter. „Da haben wir zwei schwer vermittelbare Jugendliche beraten. Der eine war im technischen Bereich tätig. Bei dem kam im Grunde heraus, dass er viel eher mit Menschen arbeiten müsste. Die andere Teilnehmerin war eine junge Frau, die in den kreativen Bereich wollte. Beide haben danach wieder einen Job gefunden. Die Bundesagentur hatte da Schwierigkeiten. Nach dem Coaching hatten die beiden auf einmal ein ganz anderes Auftreten.“ Selbstvertrauen spielt dabei eine zentrale Rolle. Teil der Berufungsberatung ist ein psychologischer Fragebogen, der die Teilnehmer unter anderem dazu auffordert, zehn Dinge zu nennen, die sie an sich lieben. „Ich habe damals zwei Stunden gegrübelt, bis ich die erste Sache gefunden habe“, erinnert sich Tenter. „Das geht vielen Menschen in unserer Gesellschaft so. Das Selbstvertrauen ist weg. Gerade bei denen, die keinen Erfolg haben.“

Klar: Der wirtschaftliche Erfolg bestimmt die gesellschaftliche Stellung. Aber das hält Tenter für falsch. „Wir schauen uns die Fähigkeiten und Talente an, die Erfahrungen und Interessen. Und wir schauen uns an, was einen Menschen wirklich motiviert. Nicht Geld, das ist immer der falsche Ansatz.“

Vortrag mit Christian Tenter: 7. März, 19 Uhr, Stein-Reich, Vor dem Steintor 34, 28203 Bremen