Geht’s noch?: Ausgeschunkelt
Das VolksmusikAngebot der ARD wird mit dem Ende der „Stadlshow“ noch kleiner. Hat dabei eigentlich mal jemand an die Alten gedacht?
Wie wird man als öffentlich-rechtlicher Programmchef eine Show los, die eigentlich noch recht viele Menschen gerne schauen? Man verschlimmbessert sie so sehr, dass die Zuschauer wegbleiben, und dann kann man sie absägen. Das hat bei „Wetten, dass..?!“ gut funktioniert, also hat es der BR beim „Musikantenstadl“ genauso gemacht.
Um das im Durchschnitt 68 Jahre alte Publikum zu verjüngen, wurde im Sommer Moderator Andy Borg, ein kerniger Mann mit barocker Kopfgröße, gegen die Abziehbildfressen Alexander Mazza und Francine Jordi ausgewechselt und aus dem „Musikantenstadl“ nach 34 Jahren die „Stadlshow“. Die war musikalisch so bemüht jugendlich wie ihr Name und optisch „wie eine Après-Ski-Hütte aus dem 3-D-Drucker gelassen“ (Süddeutsche Zeitung).
Die Folge: Nur noch 2,5 beziehungsweise 2,8 Millionen Menschen schalteten ein. Minusrekord. Und diese Woche dann das Ende. Lediglich die Silvestershows 2016 und 2017 soll es noch geben.
Musikalisch mag das kein großer Verlust sein, aber es wurden in den letzten zehn Jahren bereits die „Lustigen Musikanten“, die „Musikantenscheune“, die „Straße der Lieder“, „Kein schöner Land“, „Zauberhafte Heimat“, der „Grand Prix der Volksmusik“ und diverse Shows mit Marianne und Michael eingestellt.
Hat da eigentlich irgendwer mal an die Alten gedacht??? Was sollen sie jetzt bitte die ganze Zeit machen? Gut, sie können seit diesem Jahr wieder ein Buch aus ihrer Kindheit lesen („Mein Kampf“), aber auch das hat nur zwei Bände. Danach müssen sie dann sterben. Oder, noch schlimmer, Samstagabendshows mit Tom Bartels gucken.
Die Öffentlich-Rechtlichen haben einen gesellschaftlichen Auftrag. Denn um die Alten kümmert sich niemand, weil sie nicht mehr zur werberelevanten Zielgruppe gehören. Und das Internet verstehen sie auch nicht. Die ARD-Programmverantwortlichen juckt das nicht. Sie reden nur noch von ihrem tollen neuen Jugendkanal.
Gott sei es gedankt, dass Stadl-Ikone Karl Moik das nicht mehr erleben muss. Er starb im März 2015.
Michael Brake
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