Geht’s noch?: Unsere Griechen: die Ossis
Im osten wird mehr gearbeitet, weniger verdient und praktisch nichts vererbt: schön blöd!
Was haben Ossis und Griechen gemeinsam? Richtig, sie sind faul und gefräßig. Und fordernd: Gebt uns Geld. Mehr, mehr, mehr. Wir können den Schlund nicht voll genug kriegen. So oder ähnlich sagt das jedenfalls der Westen. Die Wessis also.
Aber das stimmt gar nicht, wie sich jetzt herausstellt: Es ist alles noch viel schlimmer. Das Berlin-Institut, das sich mit Bevölkerungspolitik beschäftigt, hat das in einer Studie herausgefunden. Zumindest was die Ossis angeht. Die arbeiten nämlich viel mehr und länger als die Wessis. Aber sie kriegen dafür nur drei Viertel des Einkommens der Wessis.
Ja, wie bekloppt muss man sein, sich kaputt zu rackern für ein paar miese Piepen? Die man, weil so wenige, nicht einmal vererben kann – wie das die Wessis so machen.
Die Wessis haben schon recht, wenn sie sich scheckig lachen über die Ossis, ob die nun arbeitsscheu sind oder arbeitswütig. Loser sind sie in jedem Fall.
Das sehen die Ossis natürlich ganz anders. Die haben sich immer noch nicht an dieses Egowessimackertum gewöhnt und schwören nach wie vor auf das Kollektiv: Das Wir macht uns stark. Auch wenn wir dafür ein bisschen mehr schuften.
Liebe Ossis, damit muss mal Schluss sein. Teamgeist ist prima, aber dann bitte schön für alle.
Den Ossis wird jetzt geholfen. Nein, nicht von Gewerkschaften. Auch nicht von der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands. Und schon gar nicht von den Sozialdemokraten. Die Ossis bekommen Schützenhilfe vom früheren BBKF, vom BitterBösen KlassenFeind. Der war immer das Kapital: Unternehmen, Großindustrie, Macht des Geldes. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände fordert, hierzulande den Achtstundentag gegen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit auszutauschen. Die dann höher liegen dürfte als fünf Achtstundentage.
Super. Aber was reg ich mich auf. Ich bin ja bei der taz: doppelt so viel arbeiten wie in München und halb so viel verdienen wie in Eberswalde. Egal, ob als Ossi oder Wessi. Das wäre auch so, wenn man aus Griechenland käme. Simone Schmollack
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen