■ Soundcheck: Gehört: Skunk Anansie
Gehört: Skunk Anansie. Wenn Männer auf der Bühne stehen, können sie über Gott und die Welt singen – es wird ihnen abgekauft. Und wenn sie noch so häßlich sind, gilt das in bestimmten Musikgenres als Inbegriff der Coolness. Eine Band wie Skunk Anansie beweist, daß für Frontfrauen andere Beurteilungskriterien gelten. Wenn eine Sängerin wie Skin mehr männliche Härte verkörpert als unbedingte Weiblichkeit (ein Image, das sie wohl bewußt ausspielt) und dabei vor allem live mehr Aggression an den Tag legt als so manches Riot Girl, hat da vor allem das männliche Geschlecht seine Probleme. Es stempelt das Ganze als unecht ab oder kündigt sie gar – wie Harald Schmidt – als Grace Jones der 90er an. Da kann einem vor Schreck das Herz stehenbleiben.
Im überfüllten Logo zeigte Skin zusammen mit ihrer Band jedenfalls, was sie wirklich kann. Sie entpuppte sich als ausdrucksstarkes Energiebündel, von dem sich so mancher Mann eine Scheibe abschneiden könnte. Und sie bewies Kompromißlosigkeit: Die Fotografen verbannte sie aufgrund der Verletzungsgefahr ihrer ravenden Fans gleich nach dem zweiten Song aus der ersten Reihe. Der Tonfall war unmißverständlich: „All of the photographers out of the fucking way, it's not working.“ Mit bekannten Stücken wie „I Can Dream“, „Weak“ oder „Charity“ und mit einigen neuen Songs rissen Skunk Anansie ihr begeistertes Publikum bis zur letzten Sekunde der zweiten Zugabe mit ihrer Power mit, wobei Skin sich trotz aller Verausgabung stimmlich als treffsicher erwies. Wer Skunk Anansie live erlebt, hört auf, über ihre zweifelhafte Glaubwürdigkeit oder Skins ambivalentes Aussehen zu diskutieren. Live sind es letztendlich immer die Songs, die zählen. Und die waren mehr als nur eine Spur härter als auf der Platte. Ein Beweis dafür, daß diese Band auf die Bühne gehört, anstatt in CD-Regalen zu verstauben.
Nicole Plojetz
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