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Gehen oder bleiben?

■ Berliner Innenverwaltung bestätigt vorläufige Weisung zur Abschiebung

Bonn/Berlin (AP/dpa/taz) – Vergewaltigte Frauen und Häftlinge aus Gefangenenlagern dürfen nach Ansicht der Grünen keinesfalls nach Bosnien abgeschoben werden. Auch müßten die Innenminister bei ihrem Treffen am Freitag den Beschluß vom Dezember zurücknehmen, den Abschiebestopp für die rund 320.000 bosnischen Flüchtlinge in Deutschland zum 31. März auslaufen zu lassen. Das forderte die Fraktionssprecherin der Grünen im Bundestag, Kerstin Müller, gestern in Bonn. Sie kritisierte, daß in Berlin die ersten Ausweisungsbescheide bereits zugestellt wurden. Von ersten Ausweisungsbescheiden hatte die taz gestern berichtet.

Die Berliner Innenverwaltung bestätigte inzwischen, es gebe eine Weisung, allen Bosnien-Flüchtlingen, deren Duldung zwischen dem 15. Dezember und dem 26. Januar auslaufe, „letztmalig“ für weitere sechs Monate eine Duldung zu erteilen. Allerdings stehe diese Regelung unter Vorbehalt einer anderen Übereinkunft der Innenministerkonferenz am Freitag.

Die Grünen forderten für vergewaltigte Frauen und Kriegsgefangene ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Deutschland. Auch Deserteure, Kriegsdienstverweigerer und Zeugen, die vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag aussagen wollten, benötigten eine Schutzgarantie.

Müller forderte, die Bundesregierung müsse Voraussetzungen für eine freiwillige Rückkehr schaffen. Flüchtlinge dürften nicht ins Asylverfahren gedrängt werden. Sie müßten statt dessen eine Aufenthaltsbefugnis erhalten, damit sie zur Erkundung der Lage in den Heimatort reisen und wieder nach Deutschland zurückkehren könnten. Statt Rückkehrprämien sei ein internationaler Aufbaufonds nötig, aus dem zurückgekehrte Flüchtlinge, Binnenvertriebene und Ortansässige gleichmaßen Hilfe bekommen könnten.

Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) hatte vergangene Woche angekündigt, Einzelheiten der Rückkehr von Bürgerkriegsflüchtlingen würden übermorgen gemeinsam mit den Innenministern der Länder entschieden. Er hielt es dabei für möglich, daß die ersten Bosnien-Flüchtlinge vom Sommer an zurückkehren.

Bayern forderte mit Blick auf das Innenministertreffen gestern einen klaren Zeitplan für die Rückführung von Bosnienflüchtlingen. Bis 1997 sollte diese abgeschlossen sein, so Innenstaatssekretär Hermann Regensburger (CSU).

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