■ Lieber Klaus-Rüdiger Landowsky:: Gehen Sie voran!
Lassen Sie uns reden über Chancen, Herr Landowsky! Beispielsweise über die Chance, den Kurs des Lebens noch einmal neu abzustecken. Die Bankgesellschaft Berlin AG, bei der Sie im Vorstand sitzen, will in den nächsten drei Jahren 1.900 Stellen abbauen. Dabei habe es vor Wochen noch geheißen, Entlassungen stünden nicht an, kritisiert die Gewerkschaft DAG. Da haben Sie und Ihre Kollegen sich wohl verschätzt mit der Gewinnerwartung, Herr Landowsky? Kann ja mal passieren. Nehmen Sie es als Zeichen, daß auch Ihre Kräfte begrenzt sind.
Schließlich kann man bei so vielen Pflichten schon mal den Überblick verlieren. Immerhin sitzen sie auch noch bei der Pfandkreditbank, einer Tochter der mehrheitlich Berlin gehörenden Bankgesellschaft AG, im Vorstand. Dann müssen sie noch als CDU-Fraktionsvorsitzender die Truppe zusammenhalten. Sie sollten daraus Konsequenzen ziehen. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran! Dann brauchen nur noch 1.899 MitarbeiterInnen entlassen zu werden.
Keiner würde dann noch über Sie mosern, Sie kriegten den Hals nicht voll genug. Sehen Sie doch mal die Vorteile! Befreit von der täglichen Fron bei beiden Bankinstituten, könnten Sie sich endlich Ihren zahlreichen Hobbys widmen: bei den Freunden der Nationalgalerie im lauschigen Kreis „Berlin-Monopoly“ spielen oder beim Tennisclub „Rot-Weiß“ die rechte Rückhand stärken. Im Lotto- Beirat könnten Sie weiterhin bedürftige Institutionen wie den LTTC Rot-Weiß mit viel Geld für ein neues Stadion versorgen oder im International Club Berlin die Selbsterfahrungsgruppe „Die hohe Kunst des Strippenziehens“ gründen. Möglicherweise läßt sich daraus ja eine Sendereihe machen – für Sie als SFB-Rundfunkrat sollte das doch kein Problem sein.
Wenn Sie auf das tägliche Geldzählen verzichten könnten, würden Sie sich dafür erhebliche Verdienste um die Demokratie erwerben. Kein Streit mehr um die „Lex Landowsky“, die ausdrücklich wegen Ihrer Doppelfunktion verankerte Unvereinbarkeit von Abgeordnetenmandat und Berufstätigkeit bei einem landeseigenen Unternehmen. Alle wären glücklich. Also: Geben Sie sich einen Ruck! Herzlichst: Ihr Berufsberater Gerd Nowakowski
siehe auch Bericht Seite 23
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen