Geheimprotokoll zu Gorleben: Kalter Krieg ums Endlager
Bislang streng geheime Kabinettsprotokolle belegen: Bei der Standortwahl von Gorleben spielten geologische Aspekte fast keine Rolle – die Religion der Anwohner umso mehr.
Seit 33 Jahren gilt Gorleben als künftiger Standort des deutschen Endlagers für hochradioaktiven Müll. Eineinhalb Milliarden Euro sind dort im Salz versenkt worden: beim "Erkundung" genannten Bau eines Endlagerbergwerks und beim Aufrechterhalten des Bergwerksbetriebes. Die Bundesregierung will das Bergwerk nun schnell weiter ausbauen. Die Bürgerinitiative (BI) Lüchow-Dannenberg nennt die Grube im östlichsten Zipfel Niedersachsens hingegen "Investitionsruine".
Im Dunkeln lag aber immer, warum gerade der Salzstock Gorleben am 22. Februar 1977 vom damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht (CDU) als Entsorgungsstandort ausgewählt wurde. Auf Druck des Landtags wurden nun alte Kabinettsvorlagen zugänglich gemacht. Einsehbar sind zudem Dokumente einer interministeriellen Arbeitsgruppe, die 1976 aus 140 niedersächsischen Salzstöcken den angeblich geeignetsten Standort auswählte. Der taz liegen die bislang streng vertraulichen Unterlagen vor. Sie zeigen: Die Geologie, die für die Auswahl eines Standorts für ein Endlagerbergwerk entscheidend sein sollte, spielte allenfalls am Rande eine Rolle. Ministerpräsident Albrecht behandelte das geplante "Nukleare Entsorgungszentrum", das damals noch aus Wiederaufarbeitungsanlage (WAA), diversen Zwischenlagern und Endlager bestehen sollte, als gigantische Industrieansiedlung, die ein strukturschwaches Gebiet beglücken konnte. Den Ausschlag für den damals nur vier Kilometer von der DDR-Grenze entfernten Salzstock Gorleben gab ein Streit zwischen Albrecht mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD).
Der Bund sah das nukleare Entsorgungszentrum als zivil-militärische Anlage an. Nach einem Treffen hochrangiger Beamter aus sieben Bundes- und Landesministerium verlangte die niedersächsische Seite im Oktober 1976 in einem Vermerk zur "Bedeutung des Entsorgungszentrums" die "Präzisierung der Bundesaussage, dass eine Entsorgungsanlage nicht nur wirtschaftlich notwendig, sondern auch sicherheitspolitisch unbedingt erforderlich ist".
Das im Atomkonsens vereinbarte 10-jährige Gorleben-Moratorium läuft Ende September aus.
Bürgerinitiative: Die BI Lüchow-Dannenberg hat schon eine Klage gegen eine weitere Verlängerung des aus dem Jahr 1983 stammenden "Rahmenbetriebsplans" angekündigt. Allwöchentlich ziehen derzeit AKW-Gegner zum Gorlebener Bergwerksgelände. Die BI plant u. a. für den 4. Juni, den 30. Jahrestag der spektakulären Räumung der "Republik freies Wendland", eine Umzingelung der Gorlebener Atomanlagen. Die BI-Vorsitzende Kerstin Rudek rechnet zudem "mit den größten Protesten in der Geschichte der Castortransporte" beim nächsten Castortransport im November.
Untersuchungsausschuss: Die AKW-Gegner hoffen zudem auf Unterstützung durch die Oppositionsfraktionen des Bundestags. SPD, Grüne und Linke im Bundestag wollen mit einen Untersuchungsausschuss verhindern, dass die Bundesregierung unter dem Deckmantel der weiteren Erkundung den Endlagerbau in Gorleben fortsetzt. Der Ausschuss soll klären, wie es in den 70ern "überhaupt zur Auswahl Gorlebens als Endlagerstandort kam, ob Kritik an der mangelhaften Geologie des Salzstocks unterdrückt wurde und warum man nie Alternativen untersuchte. "Wir wollen überprüfen, inwieweit es bei der Auswahl und Erkundung des Standorts zu Fehlentscheidungen kam und wer hierfür die Verantwortung trägt", sagt die Atomexpertin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sylvia Kotting-Uhl. Nach Angaben von SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber wird der gemeinsame Antrag derzeit noch von Juristen überarbeitet. Auch Kelber will klären, ob der Endlagerstandort Gorleben nach wissenschaftlichen oder nach politischen Kriterien ausgewählt wurde und ob dabei internationale Standards eingehalten wurden.
Die Bundesregierung befürchtete, dass die Auswahl des grenznahen Gorleben "Schwierigkeiten für die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der DDR aufwerfen könnte". Der Bund hielt für eine WAA in Grenznähe gemeinsame Notfall- und Katastrophenschutzpläne mit der DDR für erforderlich und sah einen innerdeutschen "Zwang zu vertraglichen Vereinbarungen einschließlich finanzieller Konsequenzen". Im Klartext: Man fürchtete Geldforderungen der chronisch klammen DDR.
Hinzu kamen handfeste militärische Bedenken gegen eine DDR-nahe Plutoniumfabrik. "Die Bundesressorts sind der Auffassung, dass ein Entsorgungslager auf dem Salzstock Gorleben von der DDR durch eine ,Handstreichaktion' unterhalb der Schwelle der kriegerischen Auseinandersetzungen in Besitz genommen werden könnte", heißt es in einer Kabinettsvorlage. Der Bund prüfe, ob die Möglichkeit einer Handstreichaktion "wegen des eventuell strategisch bedeutsamen Materials in dem Entsorgungszentrum eine Einschaltung der Nato erfordere".
Der Bund trug seine Bedenken gegen Gorleben seinerzeit mehrfach bei Ministertreffen vor. Am 11. Februar 1977 trafen sich auch Ministerpräsident Albrecht und Kanzler Schmidt zum Gespräch. "Ich habe ferner nachdrücklich auf die Bedenken der Bundesregierung gegen den Standort Gorleben hingewiesen", schrieb Schmidt danach.
Die Mahnungen der sozialliberalen Bundesregierung blieben ohne Wirkung. Kurz vor der öffentlichen Bekanntgabe informierte Albrecht den Landesenergiebeirat über die Entscheidung für Gorleben. Nach Angaben des Geologen Gerd Lüttig stellte der CDU-Politiker dabei die Wahl Gorlebens als Retourkutsche für das ebenfalls direkt an der Grenze gelegene DDR-Endlager Morsleben dar. Albrecht habe sinngemäß gesagt: "Die ärgern uns doch mit Morsleben, ich gehe in Gorleben auch an die Zonengrenze, und da werden sich die in der Ostzone richtig ärgern", erinnert sich der 83-jährige Lüttig.
Professor Lüttig war als Vizepräsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und des Niedersächsischen Landesamts für Bodenforschung damals der ranghöchste Geologe des Landes. Albrecht habe seinerzeit vor dem Energiebeirat als weiteren Grund für die Wahl Gorlebens die Strukturschwäche des Zonenrandgebietes genannt. Er selbst habe dann auf geologische Mängel des Gorlebener Salzstocks hingewiesen, sagt Lüttig. "Ich sagte: Gorleben gehört gar nicht zu den Standorten der ersten Kategorie. Er antwortete nur: Ihr Geologen kommt auch noch dran."
Für das geplante Nuklearzentrum gab es in den 70er-Jahren gleich zwei Auswahlverfahren. Im ersten begutachteten der Geologe Lüttig und Rudolf Wager im Auftrag des Bundes und der Kernbrennstoff-Wiederaufarbeitungs-Gesellschaft (Kewa) mögliche Standorte. Das zweite mit dem Ergebnis Gorleben führte ganz im Stillen die erwähnte interministerielle Arbeitsgruppe der niedersächsischen Landesregierung durch. Beide Auswahlverfahren beschränkten sich auf Salz als Endlagermedium, was heute nicht mehr statthaft wäre. Zudem suchte man in beiden Verfahren vordringlich einen Salzstock, über dem auch das Entsorgungszentrum Platz hatte. Lüttig veranschlagte dafür eine Fläche von 8, die interministerielle Arbeitsgruppe sogar eine von 12 Quadratkilometern. Die obertägigen Anlagen des Erkundungsbergwerkes Gorleben bedecken heute eine Fläche von gut 30 Hektar, also rund ein Vierzigstel des damals gesuchten Areals.
Lüttig führte das Auswahlverfahren in den Jahren 1972 bis 1975 durch und bezog dabei nach eigenen Angaben bundesweit 250 Salzstöcke ein. Schon damals wurden die möglichen Standorte mithilfe eines Fragenkatalogs keineswegs nur geologisch beurteilt. "Da wurde auch noch nach der Religion der Anwohner gefragt und ob sie mal aufmüpfig waren bis zurück zum Bauernkrieg", erinnert sich Lüttig. Angesichtes geologischer Probleme "war Gorleben am Ende nicht dabei", berichtete Lüttig. In der Nähe habe man leicht wasserlösliches Karnalit gefunden und es sei zu Ablaugungen der Salzstockoberfläche gekommen.
Bei Lüttigs und Wagers Auswahlverfahren blieben am Ende drei Standorte in Niedersachsen übrig, die durch Bohrungen weiter exploriert werden sollten. Nachdem Albrecht im Februar 1976 mithilfe von Überläufern aus der zuvor regierenden SPD/FDP-Koalition überraschend zum Ministerpräsidenten gewählt worden war, stoppte er die Bohrungen.
Zugleich wurde schon im März 1976 die interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt, die dann das zweite rein niedersächsische Auswahlverfahren oder, richtiger, Ausschlussverfahren durchführte. Von 140 niedersächsischen Salzstöcken schlossen die Beamten 117 wieder aus, weil es über diesen keinen Platz für ein 12 Quadratkilometer großes Atomzentrum gab.
Die verbleibenden Standorte bewerteten die Beamten mithilfe einer Punktetabelle, die sehr auf die Wiederaufarbeitungsanlage zugeschnitten war: Nur maximal 32 von 266 erreichbaren Punkten entfielen auf die Geologie des Salzstocks. Ansonsten gab es etwa Punkte für Wasserversorgung, Verkehrsanbindung, geringe Gebietsnutzung, geringes Einkommen, hohe Arbeitslosenquote, Abwesenheit von Luftverkehr oder für Erdbebensicherheit. Die beiden geologischen Kriterien "Salzstockteufenlage" und "Zentralität", die 12,8 Prozent der Gesamtpunktzahl ausmachten, waren sehr allgemein: Der Salzstock durfte nicht zu tief und das WAA-Gelände musste zentral über ihm liegen. Mithilfe der Punktebewertung identifizierten die Beamten sieben mögliche Standorte. Bis auf Gorleben fanden laut den Dokumenten alle Standorte die Zustimmung des Bundes.
Praktisch keine Einwände hatten die Beamten gegen Lichtenhorst am Rande der Lüneburger Heide. Beim Standort Gorleben problematisierte die letzte und entscheidende Kabinettsvorlage ein eventuelles Gasvorkommen unter dem Salzstock, das vielleicht auch die DDR ausbeuten könne. "Ausgesprochen vorteilhaft" fand sie, dass sich in Gorleben die 12 Quadratkilometer große Fläche "im Wesentlichen im Eigentum eines Eigentümers befindet". Dieser, Andreas Graf Bernstorff, ist allerdings bis heute Gegner der Gorlebener Atomanlagen und hat nie verkauft.
Leser*innenkommentare
karl
Gast
@ Sebas
hab auch mal was zur Migration von Schwer- und Übergangsmtallen gemacht. Aber nicht im Salz, die Debatte verfolge ich aus Interesse.
Vom Alter der Fluid-Einschlüsse läßt sich keine Prognose derBeständigkeit einer gegebenen formation für die Zukunft ableiten.
Jeder Salzstock ist "ein Ding für sich", verhält sich anders, ist individuell aufgebaut und nicht immer vom gleichen Nachbargestein umgeben. Auch die regionale Tektonik ist sehr verschieden.
Nichtaktive Nuklide lassen sich bei gutem Willen einfacher immobilisieren als aktive. Bei Letzteren ist die Prognose der Langzeitstabilität in amorpher oder kritalliner Matrix auch komplizierter.
Vom Polit- Mob erwarte ich nichts mehr, jedenfalls nichts Gutes!
Glück auf!
Karl
Sebas
Gast
@ Karl: Zunächst einmal danke für Ihren interessanten Beitrag. Sie sind offensichtlich vom Fach. Beschäftigen Sie sich auch beruflich mit dem Thema? Falls Sie die Zeit dazu haben hätte ich dann an Sie als Fachmann ein paar Fragen:
- Ich habe aus mehreren Quellen gelesen, dass im Salz Gorlebens fossile Wassereinschlüsse, die mind. 290 Mio. Jahre (und damit knapp 300 mal länger als die nachzuweisende Einschlusszeit) sicher von der Biosphäre abgeschlossen waren. Wie kommt das dann zustande?
- Wissen Sie, wie das mit den Nachweisen bei der Endlagerung hochgiftiger nichtradioaktiver Abfälle gemacht wird? Das ist pro Jahr schließlich etwa soviel wie wir nach 40 Jahren Kernenergie in Deutschland INSGESAMT angesammelt haben (wobei ja die Hälfte unserer radioaktiven Abfälle gar nicht aus der Kernenergie kommt), und Quecksilber oder Cadmium sind ja auch in alle Ewigkeit giftig. Zumindest das Lager bei Heilbronn (soviel auch zum Thema, dass Bayern und Baden-Württemberg ja keine Endlagerung wollen) ist ein ausgebeuteter Salzstock, also nach der Meinung von mir als Laien der Asse ähnlicher als dem jungfräulichen Gorleben. Oder gibt es da andere Unterschiede?
Zu der Beurteilung solcher Sachverhalte durch die Politiker bin ich grundsätzlich Ihrer Meinung, die können das sicher oft nicht. Allerdings kann ich Ihrem Schluss, dass die Politiker aus politischen Gründen vor Falsifikation zurückschrecken, nicht zustimmen. Gerade in diesem speziellen Fall ist doch die Falsifikation - die ja in diesem Falle heißen würde, dass Gorleben ungeeignet ist - sozusagen ein Herzenswunsch von Herrn Trittin und auch Herrn Gabriel. Schließlich fordern beide ja genau das, dass diese Falsifikation gemacht würde. Und die, wie Sie mir ja zugestimmt haben, subjektiv gewählten Gutachter waren in diesem Falle ja auch sicher so gewählt, dass sie sehr zu der Falsifikation neigen - nur haben sie die, obwohl politisch damals heiß ersehnt, nicht leisten KÖNNEN.
Es mag ja sein, dass für Sie die Zweifel an der Eignung Gorlebens ausreichend sind. Aber ich sehe immer noch - und das ist ja nicht weg zu leugnen oder zu interpretieren, dass selbst unter atomkritischten Randbedingungen bzw. Gesetzgebung kein rechtstaatlich haltbarer Stopp zu erzwingen war. Im Gegenteil, Herr Trittin war sogar so von der Chancenlosigkeit überzeugt, dass er nicht einmal den Versuch unternommen hat, Gorleben für ungeeignet zu erklären, obwohl ihn das innerhalb seiner Partei sicher zum Helden gemacht hätte.
(Kleine Randnotiz: Unter dem Gesichtspunkt ist es auch interessant dass von Seiten der Kernenergiebefürworter weitere Untersuchungen selbst unter grüner Regie und "atmfeindlichsten" Randbedingungen immer gefordert werden. Dagegen scheinen die Kritiker Gorlebens selbst unter den für sie idealsten Randbedingungen eine Prüfung Ihrer Argumente zu fürchten wie der Teufel das Weihwasser - siehe das Moratorium, das ja nichts anderes war als ein Verbot, die Argumente zu prüfen. Und das, obwohl die Untersuchungen nicht das Geld der Steuerzahler, sondern der verhassten "Atomlobbyisten" gekostet hätten. Ich denke, jeder sollte sich einmal fragen, wer da wohl von der Wahrheit seiner Argumente mehr überzeugt ist.)
Karl
Gast
@ sebas
Ein differenzierter Blick kann nie schaden. Zumal es zwei Problemfelder unterschiedlicher Ursache gibt.
1. Geologie und Tektonik der Diapire
Dazu ist festzustellen:
- Diapire sind fließende Strukturen die eine aufwärts gerichtete Bewegungskomponente von x cm/per a erreichen. Laterale Bewegungen werden von der Art der Nachbargesteine und der Tektonik bestimmt.
- Das Fließen verändert die Internstruktur und führt auch zu Drucklösungserscheinungen; insbesondere in den kristallwasserhaltigen Kalisalzen.
- Das Nachbargestein wird mechansich mitverändert; eine hydraulische Anbindung kann nicht dauerhaft ausgeschlossen werden.
2. Wärmefluss und Korrosion der eingelagerten Gebinde
- Hochaktiver Müll heizt den Nahbereich, in einem Salzkörper, derart auf, dass Kristallwasser auf die Wäremquelle hin migriert und dort eine sehr korrosive, gespannte Lösung bildet. Weder Beton noch Barytglascore widerstehen diesem Angriff länger als 4 Wochen (Sachstand 1989).
- Durch Halbelementbildung kann auch die Hülle von schwach- und mittelaktivem Nuklidabfall zerstört werden, zumal wenn sich eine Kombinationsweikung aus chem. und mech. Korrosion ergibt.
- Das Fließverhalten des Salzes verlagert die Einlagerungspositionen erheblich. Die Bergung ist dann sehr aufwändig.
Es sind m.E. ausreichend fachliche Erwägungen welche eine Versagung der Betriebserlaubnis rechtfertigen.
Eine fachliche Wertung der, äh- freundlich formuliert-, "Umweltschutzbestrebungen" aller etablierten Parteien ist von naturwiss. Standpunkt aus dermaßen fragwürdig......und wird das auch bleiben, solange aus politischen Erwägungen
Falsifikationen vermieden werden...
Übrigens wird verwaltungsrechtlich die Wahrung der entsprechenden Verpflichtungen durch die "Bearbeitung" geschaffener Vorgänge de facto nachgewiesen! Über die Geeignetheit der aus der Bearbeitung erwachsenen Veranlassungen befinden leider meist, Sie führten das ja an, subjektiv bestimmte Gutachter. An diesem verwerflichen Verhalten hat bisher keine Partei etwas zu ändern versucht! Soviel zur Fürsorgepflicht!
Glück auf!
Karl
Sebas
Gast
@ Urgestein: Ich kenne das Zitat von Dieter Nuhr. Na so ein Glück, dass ich Ahnung habe. ;-)
Sie haben mich allerdings mißverstanden: Ich habe mich nicht auf das Gutachten von 1977 bezogen, sondern auf eines, das 2000 in Auftrag gegeben und 2005 abgeschlossen wurde.
Damals hat, wie Sie sicher wissen, der damalige Umweltminister Jürgen Trittin von den damals schon gegründeten Grünen einen Erkundungsstop (Moratorium) über Gorleben verhängt. Begründet hat er dies mit einem von ihm erstellten Fragenkatalog, der noch abzuarbeiten wäre. Die Gutachter sucht natürlich der jeweilige Bundesumweltminister, in diesem Fall also ein GRÜNER aus (und wie von grüner Seite da vorgegangen wurde zeigt die Benennung von Herrn König als Chef des BFS und zwei Rügen des Bundesrechnungshofen an Herrn Trittin, da er teils überteuerten Gutachtern Aufträge zugeschanzt hat, obwohl diese Gutacter auf dem Gebiet nicht einmal qualifiziert waren). Und in diesem unter grünstmöglichen Randbedingungen erstellten Gutachten stand eben, dass der Eignungshöffigkeit Gorlebens nach heutigem Wissenstand nichts entgegensteht.
Damit auch @ Karl: Ich gebe zu, ich habe als Physiker keine Qualifikation um die Eignung von isotropen Halit-Diapire oder anderer Formationen zu beurteilen, selbst wenn ich zugang zu den Messergebnissen hätte. Woran ich mich orientiere ist die Tatsache, dass jeder Umweltminister nicht nur das RECHT, sondern sogar die PFLICHT hat, die Erkundung eines Endlagers zu beenden wenn wissenschaftlich haltbare Nachweise für die Nichteignung vorliegen. Selbst wenn Sie unterstellen, dass die Schwarz-Gelben Umweltminister dieser PFLICH nicht nachgekommen sind (wozu man sie übrigens gerichtlich zwingen könnte, wenn eine andere Partei oder Gruppierung Beweise für die Nichteignung hätte; aber sie müssten fachlich eben haltbar sein, so dass sie vor Gericht auch Bestand haben könnten).
Aber so, wie Herr Trittin und Herr Gabriel gegen Gorleben schreien und so sehr, wie eine nachgewiesene Nichteignung des einzigen bislang untersuchten Endlagers für nicht vernachlässigbar wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle in Deutschland ihre Position stärken würde, gehe ich sehr stark davon aus, dass die beiden, wenn sie eben haltbare Belege gehabt hätten sicher die Chance ergriffen hätten, Gorleben zu schließen. Gerade für die Grünen wäre das ein Coup gewesen der sogar den Ausstiegsbeschluß (den sie als den größten Erfolg ihrer Geschichte sehen) noch übertroffen hätte.
Offensichtlich hat aber keiner der beiden es geschafft, eine endgültige Stilleguung Gorlebens zu erreichen. Das bringt mich eben, auch ohne entsprechende Kenntnisse der Geologie, zwingend zu dem Schluß, dass es wohl keinen wissenschaftlich haltbaren Nachweis der Nichteignung Gorlebens gibt.
Urgestein
Gast
@Sebas
...wenn man keine Ahnung hat... (siehe. Dieter Nuhr)
Das Gutachten, auf das sie sich beziehen, wurde von der sozialliberalen Bundesregierung 1977 in Auftrag gegeben. Zu dieser Zeit waren die Grünen noch nichtmal als Partei gegründet!
Die Gutachter haben 23 Jahre gebraucht, um festzustellen, daß der Eignung nichts Unmittelbares entgegenstünde - soweit sie den Salzstock in dieser Zeit haben erkunden können.
Das bedeutet weder, daß er für die Einlagerung von Atommüll besonders geeignet sei, noch, daß es sich dabei um eine abschließende Bewertung handelt.
Allein die Art und Weise, in der die Begutachtung durchgeführt wurde, die fast 2 Jahrzehnte währende Gängelung der Wissenschaftler durch die Politik, bis hin zur Nötigung wider besseres Wissen bewußte Falschaussagen hinsichtlich der Sicherheit und der Eignung zu treffen, liessen ein Moratorium notwendig werden.
Und hoffentlich wird nun der Druck gross genug durch all die zu Tage tretenden Schweinereien bei der Durchprügelung des Standortes Gorleben, dass endlich auch andere geologische Formationen und Standorte, z.B. in Bayern und Baden-Württemberg, in die Diskussion einbezogen werden.
Der heissen Blase vom "Atomklo Gorleben" wird nun endgültig der Stöpsel gezogen. Überfällig.
Karl
Gast
@ sebas
Das nicht isotrope Halit-Diapire für die Endlagerung von hochaktivem Nuklidmüll ungeeigent sind, ist auch schon in den 80érn in der Fachliteratur veröffentlicht worden.
Für eine hinreichend genaue Charakterisierung einer solchen geologischen Struktur ist viel Geophysik und Bohrprofilbeleg notwendig, das ist sehr teuer und auch nicht in einem Jahr gemacht.
Nicht dass ich den Pfuscher Trittin verteidigen will!
Glück auf
Karl
Sebas
Gast
Wenn die Geologie wirklich keine Rolle gespielt hat, wieso hat dann ein gewisser Jürgen Trittin, als er sieben Jahre lang Umweltminister war es nicht geschafft, mit SEINEM Fragenkatalog und VON IHM HANDVERLESENEN Gutachtern die Nichteignung Gorlebens zu belegen. Stattdessen stand in dem von ihm in Auftrag gegebenen Gutachten als Fazit, dass nach eingehender Prüfung nach dem heutigen Wissenstand nichts gegen eine Eignung Gorlebens spricht. Herr Trittin hat dieses Gutachten, das man mit IHM als Auftraggeber und SEINER Auswahl an Gutachtern sicher nicht als Gefälligkeitsgutachten der Atomlobby bezeichnen kann, selber unterschrieben.
Darum hat er auch lieber jede weitere Untersuchung der Eignungshöffigkeit Gorlebens unterbunden (Moratorium) anstatt sie vorranzutreiben: Offensichtlich sah er keine Chance dass auch der grünste Anit-AKW-Gutachter irgendwie nachvollziehbar belegen könnte dass Gorleben ungeeignet sein soll. Da ist es doch besser, jede Untersuchung zu unterbinden und ständig irgendwelche Säue durch den Ort zu treiben und zu schreien "Es gibt wir haben ja kein Endlager".
Und wenn jetzt, unter Schwarz-Gelb weiter untersucht wird, weil verantwortungsvolle Politiker wissen, dass wir ein Endlager so oder so brauchen, kann man da wenigstens noch "Lobyy, Lobby" schreien.
W.Sparer
Gast
Gut, dass die Angelegenheit langsam aufgeklärt wird. Der zehnjährige Stillstand durch das rot-grüne Moratorium lähmt alles. Es war halt einfacher, sich für das Moratorium bejubeln zu lassen, als die Sache aufzuklären und einen sichereren Standort für das Endlager zu suchen und durchzusetzen.
Norman
Gast
Dass die Religion der Anwohner einer Rolle bei der Auswahl der Lagerstätte gespielt hat, kann ich aus dem Text nicht entnehmen. Warum wird das im Anriss behauptet.
unterirdisch
Gast
"Bei der Standortwahl von Gorleben spielten geologische Aspekte fast keine Rolle – die Religion der Anwohner umso mehr."
wie unterirdisch bekommt die taz ihr niveau eigentlich noch?
der gesamte artikel gibt für diese behauptung keinen beleg her, was die taz aber offensichtlich nicht stört ...
derartige unseriosität (die ja system hat), ist der grund, warum ich für die taz mit sicherheit niemals geld ausgeben werde.