: Geheime Lauscher in Ostfriesland
■ Britischer Geheimdienst unterhält in Jever eine Kauschanlage des „Secret Service“
Im friesischen Jever befindet sich eine britische Relais-und Auswertestation zur Weiterleitung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse nach Großbritanien. Nicht nur Daten über den „potentiellen Gegner„werden von dort über die Nordsee gefunkt, sondern auch Informationen über Bundesbürger. Diese Informationen, so Erich Schmidt-Eenboom vom Starnberger Forschungsinstitut für Friedenspolitik, erhalte der britische Geheimdienst „Secret Service“ mit oder ohne Genehmigung der Bundesrepublik durch das Anzapfen von Telefonenoder durch das Wildern in den Nichtfunkstrecken der Bundespost.
Bei der in Jever stationierten Einheit handelt es sich um die 25 bis 30 Mann starke 31. Abteilung des 13. britischen Signalregiments, dessen Hauptquartier sich
in Wassenberg-Birgelen, unweit von Aachen, befindet. Die Zentrale des britischen Fernmeldenachrichtendienstes befindet sich in Diepholz. Analog zu den über das ganze Bundesgebiet verteilten Einrichtungen des US-Geheimdienstes „National Security Agency“ (NSA) verfügen die britischen Heeresverbände über eine Vielzahl von „Intelligence„ -Verbänden: in Verden, Jever, Hannover, Soltau, Celle, Lüchow, Braunschweig, und acht nordrhein-westfälischen Städten. Auf eine kleine Anfrage über die Rechtsgrundlage der Präsenz und Tätigkeit der Briten in Jever wurde der Grünen Bundestagsabgeordneten Charlotte Garbe von der Bundesregierung im Mai lediglich der Wunsch der britischen Regierung mitgeteilt, „daß aus Sicherheitsgründen grundsätz
lich keine Auskünfte und Kommentare über Funktionen und Aktivitäten britischer Streitkräfteveröffentlicht werden“. Überdies seien die zuständigen Gremien des Bundestages, nämlich die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) und der G-10 Ausschuß - Kontrollorgan für die aufgrund nachrichtendienstlicher Tätigkeit erfolgenden Beschränkungen des Post-und Fernmeldegeheimnisses über die Aktivitäten dieser britischen Einheit bereits unterrichtet. Ein deutlicher Hinweis auf das Treiben der Briten in der norddeutschen Bierhauptstadt.
Seit 1969 regelt ein als „Geheim“ eingestuftes Verwaltungsabkommen mit den USA, Großbritanien und Frankreich die Details der bundesdeutschen Beihilfe bei Lauschangriffen. Seither
sollen die Alliierten sich zunächst an den BND oder den Verfassungsschutz wenden, wenn sie bei BundesbürgerInnen mithören wollen. Das von der NSA aufgefangene Lybien -Telefonat des Lahrer Chemie-Firmenchefs Hippenstiehl -Imhausen weist aber auf die übliche Praxis hin. Selbst wenn der offizielle Weg eines Amtshilfeersuchens an Nachrichtendienste des Bundes eingehalten wird, ist die angebliche Kontrolle durch die PKK faktisch unmöglich. Mit der Frage der Häufigkeit solcher Amtshilfe konfrontiert, antwortet die Bundesregierung: „Zur zahlenmäßigen Feststellung der in den letzten zehn Jahren gestellten Anfragen wäre ...die Durchsicht einer nicht überschaubaren Anzahl von Unterlagen erforderlich“.
Michael Golibrzuch
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