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Geheime Akw-Absprachen mit StrombossenRegierung kündigt Veröffentlichung an

Aus einem Geheimpapier geht hervor, dass die Stromkonzerne zusagten, mehr an den Bund zahlen, falls die Strompreise deutlich steigen. Regierung kündigte Veröffentlichung an.

Atomkraftwerk Isar 2. Bild: reuters

BERLIN afp/reuters/dpa | Der Atomkompromiss könnte für die Betreiber der deutschen Atomkraftwerke teurer werden als bekannt. Nach einer bisher unveröffentlichten Nebenvereinbarung zwischen Bundesregierung und Konzernen im Rahmen der Verhandlungen über die Verlängerung der Akw-Laufzeiten würden sich ab 2017 die Einnahmen des Staates unter bestimmten Bedingungen erhöhen, berichteten mehrere Zeitungen am Donnerstag.

Demnach soll sich bei steigenden Firmengewinnen der sogenannte Förderbeitrag erhöhen, den die AKW-Betreiber ab 2017 an den Staat zahlen müssten, berichtete die Süddeutsche Zeitung. Mit diesem Geld will der Bund einen Fonds zur Förderung erneuerbarer Energien und zur Verbesserung der Energieeffizienz aufbauen.

Die Bundesregierung will die bisher unter Verschluss gehaltene Vereinbarung mit den Atomkonzernen in Kürze offenlegen. "Natürlich wird das demnächst öffentlich gemacht", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert der Financial Times Deutschland. Das Papier werde zunächst den Koalitionsfraktionen von Union und FDP zugeleitet und anschließend veröffentlicht.

Zuvor hatten SPD, Grüne und Linke die sofortige Veröffentlichung der wenige Stunden nach der Entscheidung über längere Atomlaufzeiten unterzeichneten Vereinbarung verlangt. "Der Eindruck, dass es in dieser für die Sicherheit der Menschen und die Zukunft unseres Landes so zentralen Frage Geheimabsprachen gibt, ist unerträglich und steht im Widerspruch zur Verfassung", schrieb die Grüne Bundestagsfraktion nach eigenen Angaben in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Auch der geschäftsführende SPD-Fraktionsvorsitzende Joachim Poß wandte sich laut Süddeutscher Zeitung in einem ähnlichen Schreiben an die Kanzlerin.

In dem Papier sollen die Einzelheiten zur Abschöpfung der erwarteten Zusatzgewinne geregelt sein. Im Schnitt sollen die Meiler 12 Jahre länger laufen und die Konzerne im Gegenzug dafür rund 30 Milliarden Euro zahlen. Neben der Süddeutschen Zeitung berichtete auch die Financial Times Deutschland (FTD) über die fünfseitige Vereinbarung. Ab 2017 solle die vorgesehene Abschöpfung von neun Euro je Megawattstunde Atomstrom entsprechend der Inflationsrate steigen. Angesichts der Dauer des Laufzeitendeals drohten den Energiekonzernen somit deutlich höhere Einkommenseinbußen.

Der Bund profitiere zudem künftig erstmals direkt von stark steigenden Strompreisen, hieß es in dem FTD-Bericht weiter. Die einheitliche Neun-Euro-Abschöpfung gelte nur bei Großhandelspreisen zwischen rund 43 und 63 Euro je Megawattstunde. Überstiegen die Notierungen an der Leipziger Strombörse dieses Niveau, schöpfe der Staat die Hälfte der Differenz ab – bei 70 Euro also weitere 3,50 Euro je Megawattstunde. Damit könnte der Staat deutlich mehr als die bisher genannten rund 30 Milliarden Euro aus der Laufzeitverlängerung erlösen.

Nach Darstellung der Süddeutschen Zeitung müssen die Konzerne für die Zeit bis Anfang 2017 auch eine Vorauszahlung von insgesamt 1,4 Milliarden Euro an den Energiefonds leisten. 2011 und 2012 seien je 300 Millionen Euro fällig, von 2013 bis 2016 je 200 Millionen, so stehe es im bisher unveröffentlichte Eckpunktepapier. Diese Vorauszahlungen würden auf künftige Beitragszahlung der Betriebe angerechnet, doch müsse der Bund sie nicht zurückzahlen, sollte die nächste Regierung die Laufzeitverlängerung wieder kippen. Aus dem Fonds sollen die Förderung der erneuerbaren Energien und die Verbesserung der Energieeffizienz finanziert werden.

Billiger wird der Strom für die Verbraucher auch bei längeren Laufzeiten der Atomkraftwerke nicht. Schon die steigende Förderung der erneuerbaren Energien wie der Fotovoltaik werde die Preise treiben, sagte Manuel Frondel vom Essener RWI-Institut der FTD. Auf die Stromproduktion entfällt nur gut ein Drittel des Strompreises bei Haushaltskunden, der Rest geht unter anderem auf die Umlage für das Erneuerbare-Energien-Gesetz zurück.

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13 Kommentare

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  • 0
    0mad

    Zwei Möglichkeiten des Protests

     

    Gegen die Laufzeitverlängerung läuft sich gerade eine öffentliche Online Petition beim deutschen Bundestag. Shortlink:

    http://bit.ly/b49CqR

    Der Verlauf kann bei sejmwatch.info eingesehen werden - Shortlink:

    http://bit.ly/ck2s0Z

    Jedermann (auch Jugendliche, Kinder, nicht geschäftsfähige, Ausländer) und inländische juristische Personen können sich daran beteiligen. Man kann auch offline die Petition unterstützen sogar über die online-Mitzeichnungsfrist hinaus.

    Ein Schreiben an den Petitionsausschuss muss Text und Nummer der Petition, Name, Anschrift und Unterschrift enthalten und kann mit der Post oder per Fax geschickt werden.

     

    Wir sollten diese und alle anderen Möglichkeiten nutzen um unseren Protest zu zeigen.

     

    Andere Möglichkeit:

    Stomanbieter wechseln auf einen mit nur Ökostrom. Dauert ne halbe Stunde.

    Einfach eine Vergleichsseite im Netz nutzen (oder 2). Länger dauert es, sicher zu stellen, dass man nicht nur das Öko-Paket eines Kraftwerksbetreibers kauft. Da muss man ein wenig recherchieren. :-)

     

    Viele Grüße.

  • KW
    Katja W.

    Diese Regierung ist immens korrupt und verstößt ohne jede Scham gegen ihren Amtseid und das Gemeinwohl aller! Die Interessen weniger Großkonzerne werden über denen der anderen Betriebe und der Allgemeinheit gestellt. Eine Blankovollmacht für das Ausrauben der Steuerzahler und der Konkurrenz, denn der Strompreis und viele andere im Vertrag benannten Faktoren werden allein von diesen Großkonzernen bestimmt!

    Die fetten Gewinne bleiben bei den Großkonzernen, während der blöde Steuerzahler die Kosten für den Atommüll etc. aufzubringen hat. Der gesamte Vorgang ist einfach unglaublich! Letztlich scheint es der Regierung auch darum zu gehen, möglicherweise Atomwaffen produzieren zu können, denn weshalb besteht man immer noch darauf Atomtechnologie weiter zu verfeinern bzw. zu betreiben?

     

    Genauso schlimm, wenn nicht noch schlimmer ist, dass die Medien und vor allem die Elite des Landes diesen gesamten Vorgang ohne jeden echten Protest und Widerstand bewohnt! Die Medien schreiben das energiepolitische Konzept (allein die Bezeichung spottet allem Hohn) geradezu hoffähig, trotzt aller Wischi-Waschi Aussagen.

     

    Dieses Land hat sich schon lange von der Demokratie verabschiedet! Ebenso wie von der kritischen Presse und ehrbaren Politikern:-(

  • F
    FJS

    Was mich bei der ganzen Angelegenheit etwas wundert, ist die Tatsache, dass noch niemand (also auch die Opposition aus Linken, Grünen, SPD) die zerschlagung

    der vier grossen Deutschen Energiekonzerne gefordet hat.

    Denn deren sichtbare Machtkonzentration ist durch diese Verhandlungen doch auch mit sichtbar gemacht worden.

  • KF
    Öko Fritz

    Kungelei wie auf einem "türkischen Basar":

     

    1. Sicherkeit:

     

    - abschalten, da zB nicht terrorsicher, Flugzeuge etc.

    - Nachrüsten, wenn überhaupt machbar

     

    2. Endlager:

     

    - Endlager suchen, NACHWEIS dass es sicher ist (???)

    as geht sereös nicht...

    dann

    - anschalten mit den bisher vereinbarten Restlaufzeiten

     

    3. Versicherung anheben wie bei anderen Branchen

     

     

    Erst wenn dies geklärt wäre, dürfte man sereös über Laufzeitverlängerung reden!

     

     

    Die derzeit geplanten Abgaben sind "Peanuts"!

    Es sieht doch so aus:

     

    Die Stromlobby kassiert die Einnahmen,

    der Staat, also der Bürger zahlt die Zeche!

     

    "Volksverdummung pur!"

  • A
    Angie

    "Schon die steigende Förderung der erneuerbaren Energien wie der Fotovoltaik werde die Preise treiben, sagte Manuel Frondel vom Essener RWI-Institut der FTD. Auf die Stromproduktion entfällt nur gut ein Drittel des Strompreises bei Haushaltskunden, der Rest geht unter anderem auf die Umlage für das Erneuerbare-Energien-Gesetz zurück."

     

    Diesen Abschnitt darf man nicht unkommentiert stehen lassen:

     

    1. kommt er von einem Vertreter eines Institutes das eng mit der Energiewirtschaft (RWE) verbunden ist und über den "Freundeskreis des RWI" erhebliche Drittmittel aus dieser Richtung bezieht.

     

    2. Ist Manuel Frondel in der Vergangenheit des öfteren mit sehr fragwürdigen Thesen über die Kosten der erneuerbaren Energien an die Öffentlichkeit getreten

    (siehe: im Klima-Lügendetektor unter dem Schlagwort "Manuel Frondel")

     

    3. Ist die Aussage, daß nur 1/3 des Strompreises (wikipedia-2009: 22,5 Cent/KWh) dem Erstellungspreis zuzurechnen sind also 7,5 Cent/KWh brutto für die Stromerzeugung (Großkunden zahlen dagegen 2,5 Cent also ein Drittel) zu rechnen sind sehr interessant.

    2,6 Cent/KWh beträgt die EEG-Umlage). Aus früheren Angaben der Energiekonzerne geht hervor, dass sie ca. 2,5 Cent für Verwaltung und Erneuerung (Leitungsgebühren) berechnen.

    Somit können RWE/Eon/Vattenfall/enBW einen Monopol-Brutto-Gewinn von mindestens 7,5 Cent je KWh einstreichen.

     

    4. Wenn man berücksichtigt, dass Privatkunden das dreifache von Industriekunden zahlen und der Roh-Gewinn bei 30% liegt, ist der Verweis auf die 2,6 Cent EEG-Umlage regelrecht zynisch.

     

    MfG Angie

  • H
    Hmm

    Wie die Linke bei der taz seit längerer Zeit schon komplett ignoriert wird... Als Opposition zählen hier nur Grüne und SPD..

  • S
    Stimmvieh

    Wer hat denn von Schwarz-Geld etwas anderes erwartet, als dass die vor den KKW-Betreibern den Kotau machen? Das haben die schließlich von langer Hand angekündigt, und das werden die sich in ein paar Jahren mit allerlei Frühstücksdirektorposten und "Beraterverträgen" abgelten lassen.

  • F
    flybird

    Wenn doch wenigstens alle kritischen Menschen endlich

    zu echten Ökostrom-Anbietern wechseln würden:

    atomausstieg-selber-machen.de

     

    Hier klafft bei vielen Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Los gehts!

  • C
    Celsus

    Ein leider nicht nur einmaliger Vorgang, dass da geheime Vereinbarungen getroffen werden und die Politik damit eine wahrheitsgemäße Information der Bevölkerung verhindert, die Voraussetzung für eine demokratische Willensbildung ist.

     

    Andere Informationen werden nur unvollständig geliefert. Was heißen denn die Steuereinnahmen, wenn auf der Gegenseite zweistellige Milliardenbeträge anfallen für die vom Bund allein zu bezahlende Entsorgung alter Brennelemente? Das Atomkraft sich für die Allgemeinheit lohnen würde ist auf dem Hintergrund betrachtet ja ohnehin ein geschickt gestreutes Gerücht.

     

    Ein Vorgang, der auch am demokratischen Bewusstsein der PolitikerInnen zweifeln lässt. Konsequenter Weise ist die CDU allerdings auch dafür, dem Volk nicht all zu viel Mitbestimmung zu ermöglichen und ist jetzt noch die einzige Partei, die nicht für Volksabstimmungen auf Bundesebene ist.

  • FB
    Frank Bln

    Die Stromkonzerne führen die Abgaben an den Staat nur ab. Die höheren Strompreise zahlt der Verbraucher. Eine neue Form indirekter Steuern?

  • CS
    Christian Stegmaier

    Auszug aus dem Ende des Artikels:

    "Auf die Stromproduktion entfällt nur gut ein Drittel des Strompreises bei Haushaltskunden, der Rest geht unter anderem auf die Umlage für das Erneuerbare-Energien-Gesetz zurück."

     

    Dies erweckt einen falschen Eindruck, da etwa ein weiteres Drittel der Strompreises allein für die Nutzung der Stromleitungen, also für die Durchleitung durch die Netze anfällt. Diese gehören bisher ausschliesslich den vier großen Energieriesen, die durch Nichtausbau der Netze (man lässt sich bewusst Zeit und versucht zu verzögern wo es nur geht, um Anbindung an erneuerbare Energien und Stromhandel mit dem Ausland zu verhindern) und Mengenmanipulation gezielt Wettbewerb und den Ausbau erneuerbarer Energien verhindern und somit den erneuerbaren Energien immernoch recht wirkungsvoll "das Leben schwer machen". Dadurch wird verhindert, dass in erneuerbare Energien stärker investiert wird und deshalb wird deren ständig laufender Prozess der Effizienzsteigerung enorm verlangsamt und der Zeitpunkt, an dem erneuerbare Energien auch ohne Subventionen wettbewerbsfähig sind, verhindert.

     

    Dies sei nur gesagt, um nicht den Eindruck entstehen zu lassen, dass das Gros des Strompreises auf Förderung erneuerbarer Energien zurückzuführen ist!

  • ML
    Markus Licht

    Was wird wohl passieren, wenn alle Beteiligten (inkls. Bund) ein Interesse daran haben, dass der Strompreis steigt? ... ^^

  • JS
    Jan S.

    Unter dem Bild steht das "Merkel und Rüttgers". Ich denke das sind Merkel und Norbert Röttgen oder?