Geheimdienstkontrolleur Thomas Oppermann: "Diese ,Spiegel'-Affäre wiederholt sich nicht"
Es sind zwar Fehler gemacht worden, aber der BND ist noch steuerbar, meint Thomas Oppermann, SPD-Abgeordneter und Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag.
taz: Herr Oppermann, sind Sie noch gerne Chef der Geheimdienstkontrolleure?
Thomas Oppermann: Natürlich, warum fragen Sie?
Der Bundesnachrichtendienst scheint nicht steuerbar. Kaum war 2005 der erste Skandal wegen der Bespitzelung von Journalisten vorbei, wurde auch schon die Spiegel-Korrespondentin Susanne Koelbl observiert.
Thomas Oppermann, 54, ist Jurist und seit 2007 Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion.
Es sind wiederholt Fehler gemacht worden, das ist keine Frage. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass der BND nicht steuerbar ist. Während im Fall Koelbl Onlinedurchsuchungen noch von einem Referatsleiter angeordnet werden konnten, muss seit 2007 die Genehmigung des Präsidenten eingeholt werden. So wird verhindert, dass der Fall Koelbl sich wiederholt.
Die Journalistenbespitzelung hat gezeigt, dass das Parlamentarische Kontrollgremium zur Kontrolle etwa des BND nicht gut ausgerüstet ist. Wieso bremst die SPD bei der Reform?
Wie kommen Sie darauf? Es mag sein, dass die Union ihren Gesetzesvorschlag schneller ausgearbeitet hat, dafür ist er jedoch auch an vielen Stellen handwerklich schlecht gemacht und greift vielfach zu kurz. Sondervoten der Minderheit will die Union zum Beispiel überhaupt nicht zulassen. Auch bei anderen Veröffentlichungsmöglichkeiten geht unser Vorschlag erheblich weiter. Dafür will die Union Angehörige der Nachrichtendienste unter Eid befragen, ohne aber die entsprechenden Belehrungspflichten und Auskunftsverweigerungsrechte vorzusehen. Wir wollen stattdessen einen ganz klaren Rechtsrahmen schaffen. Das Gremium soll im Einzelfall alle Rechte eines Untersuchungsausschusses nutzen können.
Finden Sie es sinnvoll, dass die Abgeordneten im Kontrollgremium sich von Mitarbeitern unterstützen lassen?
Wir sind dagegen, den Kreis der Geheimnisträger zu erweitern. Es ist unabdingbar, dass das Wissen der Nachrichtendienste nur einem eng begrenzten Kreis von Personen mit besonderen Dienst- und Treuepflichten zugänglich bleibt.
Damit blockiert die SPD eine Verbesserung der derzeitigen Lage. Wie sollen neun Abgeordnete ohne Unterstützung tausende Geheimdienstmitarbeiter kontrollieren?
Das ist genau die Frage. Die SPD schlägt einen unabhängigen Arbeitsstab mit einem leitenden Beamten an der Spitze vor, der nach einem jährlichen Plan bestimmte Abläufe in den Nachrichtendiensten prüft und der natürlich auch ad hoc ermitteln kann. Dabei sollen ihm sämtliche Befugnisse des Gremiums wie Akteneinsichts-, Befragungs- und Zutrittsrechte bei den Diensten zustehen.
Warum geben Sie nicht jedem Abgeordneten seinen eigenen Mitarbeiter?
Weil die Kontrollmöglichkeiten des Gremiums an der Sache ausgerichtet sein sollen - nicht an parteipolitischen Einzelinteressen.
Hat die SPD Angst vor dem Sonderermittler, den die Union will?
Nein. Wir wollen die Möglichkeit eines Sonderermittlers neben dem Arbeitsstab erhalten, damit wir in besonderen Einzelfällen auch externe Fachleute, wie zum Beispiel ehemalige BGH-Richter, hinzuziehen können. Aber das ist nicht das richtige Werkzeug für das Tagesgeschäft der kontinuierlichen und systematischen Kontrolle. Dieser ständige Beauftragte, den die Union installieren möchte, würde zu einer Art medial präsentem Geheimdienstbeauftragten werden. Das würde jedoch wiederum die Stellung des Parlamentarischen Kontrollgremiums schmälern.
Sie fürchten, dass der ständige Beauftragte häufiger in den Zeitungen auftauchen könnte als Sie?
Nein, die Arbeit des Kontrollgremiums wird ohnehin nicht für die Zeitung gemacht. Die Union hat den reißerischen Skandal im Auge: ein öffentlich wirksamer Ermittler, das Kontrollgremium als rächende Staatsanwaltschaft und so weiter. Wir dagegen wollen endlich die laufende Kontrolle verbessern und verstetigen und nicht immer nur tagesaktuellen Skandalen hinterherjagen.
Die Union sagt, man könne sich noch vor der Sommerpause auf eine Reform einigen. Sie auch?
Wenn die Union unsere weitgehenden Vorschläge nicht blockiert, können wir uns sehr schnell einigen und einen gemeinsamen Gesetzentwurf auf den Weg bringen.
Interview: DANIEL SCHULZ
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