Geheimdienst soll wachsen: SPD will mehr Verfassungsschutz
Alle reden von Sparen - nicht der Bremer Verfassungsschutz: Die Ausgaben sollen um 16 Prozent steigen. Kristina Vogt (Linkspartei) ist empört
Mit einer satten Steigerung um 16 Prozent will der Bremer Senat für den Verfassungsschutz im Haushaltsentwurf für 2012 und 2013 beglücken: Während die „Zielzahl“ der Mitarbeiter laut Haushaltsplan von 39 (2011) auf 35 (2013) sinken soll, sollen die Personalausgaben von 1,8 auf 2,05 Millionen Euro steigen.
„Wenn die Freiwillige Feuerwehr Lehesterdeich ein neues Gerätehaus braucht oder Schwimmhallen dringend saniert werden müssen“, sagt die innenpolitische Sprecherin der Linken, Kristina Vogt, dann werde dreimal hingeguckt. „Womit begründet der Senat diesen sprunghaften Anstieg der Mittel für den Verfassungsschutz?“, fragt Vogt. Da gebe es für den Haushaltsgesetzgeber nur den Hinweis auf „geheime Verschlusssachen“. 2,4 Millionen Euro stehen im Haushaltsplan 2011, 2,8 sollen es 2012 sein.
In Niedersachsen hat die dortige Landesregierung gerade die Überwachung der Abgeordneten der Linken bestätigt. Wofür das Bremer Amt sein Geld ausgeben wird, weiß niemand. Sicherlich für die Überwachung muslimischer Kreise. Für den Bremer Guantanamo-Häftling Murat Kurnaz wäre es besser gewesen, das Bremer Amt hätte auf seine skandalöse Fehlinformation verzichtet. Im Bremer Verfassungsschutzbericht stehen viele Seiten über islamischen Extremismus – fehlende Bremer Erkenntnisse werden da seitenweise mit bundesweiten „Erkenntnissen“ überspielt. Aufgrund von Bremer Verfassungsschutz-Informationen wurde im Dezember 2010 eine Moschee am Breitenweg durchsucht – im Verfassungsschutzbericht 2011 erscheint das Thema nicht. Offenbar gab es keine Erkenntnisse, offenbar wurde in den beschlagnahmten Akten und auf dem Computer nichts gefunden: Das zuständige Berliner Innenministerium formuliert jedenfalls keinerlei Vorwurf gegen die Bremer Moschee – und hat gleichzeitig die beschlagnahmten Unterlagen bis heute nicht zurückgegeben. Ohne Angaben von Gründen, natürlich gibt es auch keine Entschuldigung wegen unbegründeter Verdächtigung. „Jeder Cent, der in dieser Behörde fehlt, hilft, die unkontrollierbaren Machenschaften des VS einzudämmen“, sagt Kristina Vogt.
Im Ländervergleich rangierte Bremen schon im letzten Jahr – also ohne diese Erhöhung – in der Spitze: 4,21 Euro wurden rechnerisch pro Einwohner dafür ausgegeben, gut einen Euro mehr als zum Beispiel die Hauptstadt Berlin pro Kopf ausgibt.
Was sagt der grüne Koalitionspartner zu dem Thema? „Das ist der Vorschlag von Innensenator Ulrich Mäurer“, sagt Fraktionschef Matthias Güldner, „den er uns noch erklären muss.“ Denn, so Güldner selbstbewusst: „Wir sind der Haushaltsgesetzgeber.“ Und: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Vorschlag so von uns verabschiedet wird.“
Sükrü Senkal, innenpolitischer Sprecher der SPD, geht davon aus, dass mit den Mehrausgaben Personalstellen finanziert werden sollen, die bisher kostenlos „ausgeliehen“ waren – zum Beispiel fünf Beamte der Polizei, die de facto für den Verfassungsschutz gearbeitet haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!