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„Gegner von Gewalt gegen Menschen“

■ Der Zukunftsforscher Robert Jungk nimmt zu den Vorwürfen Börners, in Hanau öffentlich zur Gewalt aufgerufen zu haben, und den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in einem Rundfunk–Interview Stellung

Berlin (taz) - In einem Interview mit dem Saarländischen Rundfunk hat der Zukunftsforscher Robert Jungk gestern zu dem von der Hanauer Staatsanwaltschaft gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren und den Vorwürfen Holger Börners Stellung genommen. Börner hatte Jungk vorgeworfen, er habe mit seiner Rede auf der Hanauer Großdemonstration seine Autorität ausgenutzt, um zu Gewalt aufzurufen. Während die Nachrichtenagentur dpa gestern mittag das Interview Jungks unter der Überschrift „Zukunftsforscher Jungk für Gewalt gegen Sachen“ in stark gekürzter Fassung weitergab, hatte Jungk gegenüber dem Saarländischen Rundfunk klargestellt: „Ich habe nicht zur Gewalt aufgerufen, sondern ich habe zu Widerstand aufgerufen. Ich bin ein ganz entschiedener Gegner von Gewalt gegen Menschen (...) Ich bin nicht für Gewalt gegen Sachen, - das ist viel zu undifferenziert - , sondern nur gegen solche Sachen, die sich gegen die Menschen wenden, die menschenschädigend sind. Auf die Frage, ob er z.B. auch das Ansägen von Strommasten befürworten würde, antwortete Jungk: „An diesen Strommasten könnten u.U. Spitäler hängen, wo Menschen behandelt werden. Das halte ich für ganz falsch. Man muß mit dieser Art von Gewalt so sorgsam umgehen, wie der Chirurg mit sei nem Messer.“ Er könne sich allerdings vorstellen, daß man gegen eine Stromleitung, die in einen militärischen Stützpunkt hineinführt, nach vorheriger Ankündigung vorgeht. Das „Astumlegen“ ohne jede Überlegung und „querbeet“ halte er dagegen für Gewalt gegen Menschen. Als „völlig kindisch“ betrachte er den Angriff auf die Fensterscheiben von Banken, „denn die Macht der Banken drückt sich nicht in ihren Filialen aus.“ Ange sprochen auf seine Parole auf der Hanau–Demonstration „Macht kaputt, was euch kaputt macht“, die jetzt auch der Staatsanwaltschaft zum Anlaß für das Ermittlungsverfahren dient, äußerte Jungk gestern: Das „Macht kaputt“ ist in der Studentenbewegungszeit ganz allgemein angewendet worden, und niemand hat daran groß Anstoß genommen. „Macht kaputt“, das bedeutet ja nicht, daß man jetzt mit Schlagstöcken losgeht. Ich meine immer größerer Widerstand, immer größerer Druck, das ist die Art des Kaputtmachens, des Kaputtmachens der Pläne derer, die uns ins Unheil hineinführen. Die Menschen müssen selber eigene Urteilsfähigkeit entwickeln und es ist völlig unsinnig zu glauben, daß die nur auf ein Stichwort von mir gewartet haben, um Fensterscheiben einzuschlagen. (...) Die brauchen von mir nicht irgend welche Weisungen.“ Ve.

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