: Gegengutachten
■ Wo gibt es nun cumarinfreie „Golden American“? MIT DUNST UND NEBEL AUF DU UND DU
Berlin (taz) — Das Imperium schlägt zurück. Der Bremer Tabakkonzern Martin Brinkmann AG verlangt von dem Hamburger Journalisten Jörg Goebeler nun eine Unterlassungserklärung. Der Zigarettenkonzern hatte sich gezwungen gesehen, einen Teil seiner Erfolgsmarke „Golden American“ aus dem ostdeutschen Markt zu nehmen. Goebeler hatte mit einem Gutachten des renommierten Hamburger Instituts Neurath belegt, daß eine „Golden American“ die in BRD-Zigaretten verbotene Substanz Cumarin enthalten hat (taz vom 22. und 24.11.). Cumarin kann Lebertumore verursachen.
Diese Behauptung soll Goebeler nun unterlassen, weil einem weiteren, diesmal von Brinkmann beauftragten Neurath-Gutachten zufolge in anderen „Golden-American“-Schachteln (mit dem seitlichen Packungsaufdruck „made in the Netherlands“) kein Cumarin gefunden wurde; Gutachten steht also gegen Gutachten. Unter anderem soll, weil marktschädigend, auch nicht mehr behauptet werden, „Golden American“ gebe es nur in den neuen Bundesländern — das allerdings hatte selbst Brinkmann- Sprecher Doms gegenüber der taz noch bestätigt (taz vom 24.11.).
Ungemach handelte sich der Journalist indes auch mit der Brinkmann-Konkurrenz Philip Morris ein: Als er zu Wochenbeginn in Berlin am traditionellen Weihnachtsessen mit Bilanzpressekonferenz des Unternehmens teilnehmen wollte, wurde er abgewiesen: Es handle sich um eine geschlossene Gesellschaft. Gegenüber der taz erklärte Firmensprecher Wolff, diese Veranstaltung sei ausschließlich für Journalisten gedacht, mit denen Philip Morris regelmäßig zu tun habe.
Unklar ist noch, ob die Behörden eingreifen, um eventuell gegen die inkriminierten Glimmstengel vorzugehen. Von der zuständigen Berliner Landesuntersuchungsanstalt für Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen (LAT) ist die Cumarinprüfung nicht zu erwarten; das dazu notwendige Analysegerät ist gegenwärtig unerreichbar. Es steht in einem asbestverseuchten Raum. Dietmar Bartz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen