Analyse: Gegen die PDS
■ Heute wollen in Schwerin ehemalige Ost-SPDler die SLP ins Leben rufen
Harald Ringstorff hätte genausogut zu einer Wand sprechen können. Der unermüdliche Appell des SPD-Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern, die „gesellschaftliche Spaltung“ im Land müsse einem Klima der „Versöhnung“ – auch mit ehemaligen SED-Kadern – weichen, konnte bei denjenigen, die ihren Entschluß bereits gefaßt hatten, nur auf taube Ohren stoßen: 120 ehemalige Parteifreunde haben Ringstorff und seiner SPD den Rücken gekehrt, seit dieser nach der Landtagswahl 1998 das bundesweit erste Regierungsbündnis mit der PDS schloß.
Mit den Ex-SEDlern neun Jahre nach dem Fall der Mauer gemeinsame Sache zu machen, das empfanden viele als Grenzüberschreitung. 120 Parteiaustritte in fünf Monaten – das ist bitter für den SPD-Landesverband, der ohnehin nur 3.500 Mitglieder zählte. Dennoch dürfte es den stolz, aber bislang unspektakulär regierenden Ministerpräsidenten wenig treffen, daß heute in Schwerin ein Grüppchen enttäuschter Ex-SPDler eine neue Partei namens Sozialliberale Partei (SLP) gründen will. Denn die SLP, die sich als Kraft der „politischen Mitte“ versteht und mit einem diffusen Konzept bereits bei der Kommunalwahl im Juni antreten will, ist keine ernstzunehmende Konkurrenz für die SPD. Ihre politischen Forderungen scheinen wahllos aus Programmen von SPD und FDP zusammengeklaubt. „Die Sozialpolitik in den Vordergrund stellen“, den „Umbau der Sozialsysteme“ vorantreiben und „die Bundesrepublik Deutschland zu einer Motivationsgesellschaft“ entwickeln – das seien „so im groben“ die Ziele der SLP, sagen deren Spitzenkräfte Stephan Haring, 21, und Bruno Schuckmann, 31, Stadtverordneter von Schwerin. Wie viele Gründungsmitglieder sie erwarten, vermochten sie gestern – einen Tag vor der Parteigründung – immer noch nicht zu sagen: „So zehn bis zwanzig“ würden es aber wohl werden. Zwar behauptet die SLP, „in den neuen Bundesländern die einzige Alternative zu einer Koalition mit der PDS“ zu sein. Doch enttäuschte SPD-Wähler, von denen es zweifelsfrei nicht wenige gibt im Land, dürften eher zur CDU wechseln. Zumal die SLP nicht über ein einziges Zugpferd verfügt: Schuckmann und Haring sind außerhalb Schwerins weitestgehend unbekannt, ihr ehemaliger Mitstreiter, Ex-Justizminister Rolf Eggert, ist längst bekehrt und sitzt im rot-roten Kabinett auf dem Stuhl des Wirtschaftsministers, und selbst führende Kritiker der Linkskoalition wie der SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Joachim Hacker halten die Parteigründung für den „verkehrten Weg“. Lieber sollten die Genossen die innerparteiliche „Grundsatzdiskussion“ um die Positionierung der SPD suchen. Dazu will Hacker im März auf Landesebene einen „Gesprächskreis Neue Mitte“ ins Leben rufen. Heike Haarhoff
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