Gegen Rechts in Hellersdorf: Tee trinken mit den Syrern
Am Tag der deutschen Einheit demonstrierte die Antifa gegen „deutsche Realitäten“. Doch die Szenerie vor Ort bestimmen inzwischen die vielen Helfer der Flüchtlinge.
Man sieht es an den skeptischen Gesichtern auf den Balkonen, dass es nicht das übliche Publikum ist, das sich am Donnerstag am Nachmittag auf dem Cecilienplatz versammelt. Viele Schwarzgekleidete stehen da zwischen den Plattenbauten, dazu Flüchtlinge vom Protestcamp auf dem Oranienplatz. Sie tragen rote Fahnen und „Refugees are welcome“-Schilder. Es ist Antifa-Demo in Hellersdorf.
Vier Hellersdorferinnen sind auch da, sie sitzen vor einem Café und essen Eis. Rentnerinnen sind sie und haben Zeit. „Wenn sie demonstrieren wollen, sollen sie‘s machen“, sagt eine von ihnen. Nur sei das mit dem Flüchtlingsheim doch eigentlich kein Thema mehr. „Hat sich doch alles wieder beruhigt.“
Ort und Termin der Demo waren bewusst gewählt. Am Tag der deutschen Einheit riefen diverse Antifa-Gruppen zum Protest gegen „deutsche Realitäten“ und gegen Rassismus auf. Und der zeigte sich zuletzt in Hellersdorf, wo eine anonyme „Bürgerinitiative“ und die NPD wochenlang gegen eine neue Asylunterkunft mobil machten und Anwohner die Flüchtlinge im August feindselig empfingen.
„Hellersdorf hat ein rechtes Problem“, ruft eine Demo-Rednerin. „Ihr wisst alle, was hier zuletzt los war.“ Viele hätten den Flüchtlingen aber auch geholfen. „Dafür vielen Dank.“
Fünfhundert Teilnehmer hatten die Organisatoren erwartet. Am Ende sind es doppelt so viel. Auch Hellersdorfer sind dabei, junge Leute wie Luisa. Die Studentin lässt ihren Nachnamen ungenannt, ist Teil des Hilfsnetzwerks „Hellersdorf hilft Asylbewerben“. Die Solidarität sei toll, sagt sie. „Die viele Hilfe im Stillen wird jetzt sichtbar.“
Im Vorfeld hatten noch einmal die Heimgegner mobil gemacht. Man werde „dem linken Pöbel Einhalt gebieten“, verkündete die „Bürgerinitiative“. Der Aufzug werde beobachtet und „genauestens fotografiert“.
Doch am Rande der Demo bleiben die Gegner unsichtbar. Ihr Protest scheint verloren: Längst ist das Heim bezogen, 182 Flüchtlinge leben inzwischen dort. In Hellersdorf haben die Unterstützer Oberwasser bekommen.
Am Donnerstag sind es weniger die Helfer als die Antifa, die die Szenerie bestimmen. „Um Europa keine Mauer“, skandieren sie. Die Flüchtlinge vom Oranienplatz stimmen ein. Während der Abschlusskundgebung kommt es zu Festnahmen.
Eine blondgefärbte Anwohnerin beobachtet sie Szenerie misstrauisch. Mit den Linken könne sie nichts anfange, sagt sie. Dann räumt sie ein, anfangs auch zu den Heimgegnern gehört zu haben. Heute sei aber alles halb so wild. „Mit den Syrern habe ich sogar schon Tee getrunken.“
KONRAD LITSCHKO
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