Gefangenenaustausch Schweden – Iran: Erleichterung und Kritik

Schweden amnestiert einen verurteilten iranischen Kriegsverbrecher. Ein Austausch gegen zwei im Iran einsitzende Schweden.

Ein bärtiger lachender Mann erhält von einem anderen einen Blumenstrauß

Vom schwedischen Regierungschef begrüßt: Der freigelassene Johan Floderus (r.) bei seiner Rückkehr am Flughafen in Stockholm Foto: Tom Samuelsson/via Reuters

STOCKHOLM taz | Sie sind wieder zu Hause: der schwedische EU-Diplomat Johan Floderus und der schwedisch-iranische Saeed Azizi, die unter anderem wegen Spionagevorwürfen in iranischen Gefängnissen gesessen hatten. Am Samstagabend wurden sie am Stockholmer Flughafen Arlanda von ihren Familien sowie von Ministerpräsident Ulf Kristersson empfangen, wie der in einer späten Pressekonferenz berichtete. 790 Tage war Floderus in iranischer Haft, Azizi seit vergangenem November.

Der Preis für die Freilassungen: Schweden musste Hamid Noury begnadigen. Der Iraner war 2019 in Stockholm verhaftet worden und wurde 2022 wegen seiner Beteiligung an den iranischen Massenhinrichtungen der 1980er Jahre zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein Prozess, den das iranische Regime von Beginn an für illegitim erklärt hatte. Das schwedische Berufungsgericht bestätigte die Rechtmäßigkeit des Urteils erst im vergangenen Dezember.

„Das hier sind zwei Personen, die die Hölle auf Erden erlebt haben und die jetzt mit ihren Lieben wiedervereint sind“, sagte Kristersson nun über die Freigelassenen. Öffentliche Freudenbekundungen zu Floredus’ Heimkehr gab es auch aus Brüssel: Die schwedische EU-Kommissarin Ylva Johansson schrieb bei X: „Johan kommt endlich nach Hause! Ich bin so glücklich!“ Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb, sie sei „hocherfreut“, und gratulierte Schweden für seine „hartnäckige Arbeit“.

Auf Kritik an dem Deal, der laut Kristersson unter Beteiligung von Oman verhandelt wurde, hatte der Ministerpräsident sich eingestellt: Ihm sei bewusst, dass dies gemischte Gefühle wecke, nicht zuletzt unter Schweden mit iranischen Wurzeln, sagte er. Die Entscheidung, einen verurteilten Kriegsverbrecher zu begnadigen, sei keine leichte gewesen. „Manchmal muss man schwere Dinge tun, um das Richtige zu tun. Schwedische Leben zu schützen und zu retten, ist für mich als Ministerpräsident wichtiger als alles andere.“ Er sprach von einem Dilemma, verteidigte aber das schwedische Vorgehen.

Einfach vergessen: Inhaftierter Ahmadreza Djalali

Für Vida Mehrannias war die Nachricht über den Austausch ein Schock, wie sie der Zeitung Svenska Dagbladet am Samstag erzählte. Ihr Mann sei nicht einmal erwähnt worden. Ihr Mann ist der schwedisch-iranische Forscher Ahmadreza Djalali, der seit 2016 in Iran im Evin-Gefängnis sitzt, zum Tode verurteilt wegen angeblicher Spionage. Sein Name war immer wieder gefallen, wenn es darum ging, wen Iran freilassen würde, um an Noury zu kommen.

Doch die Familie hoffte vergebens: „Ich verstehe das nicht. Er ist schwedischer Staatsbürger und sie lassen ihn dort“, sagte Vida Mehrannias nun. „Schweden sollte sich für diesen Deal schämen.“

Der schwedische Außenminister Tobias Billström hatte am Freitagabend dazu erklärt: „Leider erkennt Iran nicht an, dass Djalali auch die schwedische Staatsbürgerschaft hat.“ Die Regierung hätte „große Anstrengungen“ unternommen, um ihn ebenfalls freizubekommen, aber Iran habe sich geweigert, seinen Fall überhaupt zu diskutieren. Djalali wurde erst schwedischer Staatsbürger, als er bereits in Iran im Gefängnis war. Ministerpräsident Kristersson nannte den ausgehandelten Austausch das bestmögliche Ergebnis.

„Das Signal ist deutlich – die iranische Strategie, Geiseln zu nehmen, um Druck auszuüben, funktioniert“, sagte Said Mahmoudi, Professor für Internationales Recht an der Uni Stockholm, der Zeitung Dagens Nyheter. Damit bleibe das Risiko, dass sich solche Entführungen wiederholen können.

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