: Gedränge im Osten
Töpfer (West) meets Reichelt (Ost) ■ K O M M E N T A R E
Töpfer drängt DDR zur Freigabe der Umweltdaten“ titeln die Agenturen, „Töpfer drängt auf Elbe-Sanierung“, „Töpfer drängt auf Smog-Frühwarnsystem“. Ganz schönes Gedränge in Ost-Berlin! Man kann sich den „spritzigen Bonner Minister“ ('FAZ‘) gut vorstellen in seiner Lieblingspose als offensiver Umweltschützer, der nach dem ignoranten EG-Pack jetzt auch noch der DDR auf die Sprünge helfen will.
Die Nordseevergiftung im Genick, die toten Robben auf der Schulter, kommt Töpfer der DDR-Besuch nicht ungelegen. Gegenüber der Kloakisierung von Elbe und Werra und dem jährlich geschätzten Ausstoß von fünf Millionen Tonnen Schwefeldioxid durch DDR-Schlote, gegenüber veralteter, stinkender Kraftwerkstechnik, der Geheimhaltung von Umweltdaten und der Repression von Ökogruppen steht Töpfer tatsächlich wie ein Saubermann da. Das schafft Entlastung für die Nordsee-Krise. Daß die BRD aber gleichzeitig jene DDR, die sie wegen real existierenden Umweltsünden in die böse Ecke stellt, als Mülleimer für ihre Chemie-Industrie benutzt und jährlich fast eine Million Tonnen Gift- und Hausmüllabfälle nach Schönberg schafft, das gehört zur besonderen deutsch-deutschen Dialektik. Technische Hilfen und Kooperation mit der DDR bei Luft- und Wasserreinhaltung sind notwendig. Töpfer hat hier wenig erreicht. Ein guter Meinungsaustausch habe stattgefunden. Auf deutsch: konkrete Ergebnisse zur Verringerung der Schadstoffe wurden nicht erzielt. Solange ideologische Barrieren wie der Verlauf der Elb-Grenze die Debatte bestimmen, solange sich die DDR hinter diese Grenzfrage zurückzieht und Bonn ein Nachgeben zur nationalen Niederlage macht, solange passiert wenig im deutsch-deutschen Öko-Transfer.
Manfred Kriener
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