piwik no script img

Gedenken an Srebrenica775 Särge und keine Spur von Mladic

Auch zum 15. Jahrestag des Massakers hielten ausländische Vertreter Reden. Bei den Hinterbliebenen kamen die nicht gut an, ihr Alltag ist weiter von Feindseligkeiten geprägt.

775 Särge mit den Überbleibseln von durch DNA-Analysen identifizierten Opfern sind bei der Trauerfeier beigesetzt worden. Bild: dpa

SARAJEVO taz | Immerhin kam der serbische Präsident Boris Tadic zum 15. Jahrestag des Genozids von Srebrenica an den Ort des Verbrechens. Aber sagen wollte er nichts. In einer bewegenden Trauerfeier vor zehntausenden von Menschen und den Angehörigen wurden weitere 775 Särge mit den Überbleibseln von durch DNA-Analysen identifizierten Opfern beigesetzt.

Danach ließen es sich der amerikanische Botschafter Charles English, der türkische Premier Tayyip Erdogan und der slowenische Präsident Danilo Türk, der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft, Valentin Inzko, und viele andere Diplomaten nicht nehmen, fast gleichlautend zu erklären, das Massaker an mehr als 8.000 Menschen werde nicht vergessen. Sie forderten alle Verantwortlichen auf, den flüchtigen General Ratko Mladic zu verhaften. Auch der französische Außenminister Kouchner äußerte sich in diesem Sinne.

"Dass es sich bei den Überlebenden um zivilisierte Menschen handelt, zeigt der Umstand, dass es zu keinem einzigen Racheakt gekommen ist", erklärte der amtierende Präsident Bosniens und Herzegowinas, Haris Silajdzic. An die Vertreter der internationalen Gemeinschaft gewandt, erinnerte er daran, dass auch sie eine Verantwortung für den Genozid in Bosnien trage, da sie den Verteidigern Bosniens ein Waffenembargo auferlegte, das nur den Aggressoren nutzte.

Je länger die Reden dauerten, umso ungeduldiger wurden die Menschen. Die Trauernden hatten schon vorher betont, sie wollten keine Reden der internationalen Diplomaten mehr hören. "Jedes Jahr sagen die das Gleiche, reden sehr schön, doch morgen sind sie wieder weg, dann lassen sie uns in dieser Lage allein und Mladic ist immer noch nicht gefasst", sagte Hatidza Mehmedovic, Vertreterin der Mütter von Srebrenica. Die Atmosphäre in der serbischen Teilrepublik sei immer noch feindlich gegenüber den überlebenden Opfern.

Radikale Serben hielten in den letzten Jahren nach der Gedenkfeier in Potocari Hassdemonstrationen ab. Am Samstag verlieh die Serbische Demokratische Partei der serbischen Teilrepublik in Bosnien und Herzegowina dem damaligen politischen Führern Radovan Karadzic und Momcilo Krajsnik den höchsten Orden ihrer Partei.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • M
    Makeze

    Auf der anderen Seite fühlen sich auch die Serben falsch behandelt und fragen sich warum nur verstärkt nach den serbischen Tätern gefahndet wird. Ich glaube Jugoslawien ist noch nicht wirklich im Frieden angekommen und es müssen noch ein bis zwei Generationen vorbeiziehen bis das gegessen ist.

  • S
    Sven

    Ich fahre jedes Jahr mind.1x nach Bosnien genauer gesagt nach Sarajevo.Meine Frau ist in Sarajevo geboren meine Schwiegereltern und die Geschwister meiner Frau leben alle in BiH.Ich kenne mich sehr Gut in Bosnien aus spreche auch die Sprache.Wenn man durch die sogenannte Republika Srpska fährt kann man schon optisch den Nationalismus der Leute sehen.Es hängen überall Serbischefahnen,Fahnen der Cetniks mit Totenkopf (Serbische Nationalisten).Fahnen und Bilder von Karadzic,Mladic und anderen Kriegsverbrechern.Die Bosnier sind enttäuscht und Traurig das die Internationale Staatengemeinschaft nichts tut um diese Verbrecher zur rechenschaft zu ziehen.Meine Theorie ist folgende wenn die Opfer vom Massaker von Srebrenica keine Moslems wären hätte die Internationale Staatengemeinschaft schon längst die Täter festgenommen und verurteilt.Es ist schon sehr traurig das die Bosnische Bevölkerung schon wieder im Stich gelassen wird.Und es ist für mich schon unglaublich das Sie sich trotz allem als Europäer sehen.

  • M
    Mark

    Ich habe einige Städte der Republika Srpska (serbisch dominierter Teil Bosniens) besucht und auch mit Bewohnern gesprochen.

     

    Noch heute werden auf den Märkten in der Republika Srpska Fahnen und Wimpel mit den Bildern der Kriegsverbecher Mladić und Karadžić verkauft.

     

    Bei der Einreise müssen (auch deutsche) Bürger mit muslimischem Namen im Pass leider noch immer mit Blästigungen rechnen.

     

    Man darf nicht die Augen davor verschließen, dass die Republika Srpska ein Bundesstaat mit starken faschistischen Tendenzen ist.

     

    Ich hoffe, dass sich die Menschlichkeit durchsetzt, und dass sich auch in der Republika Srpska eine multikulturelle europäische Gesellschaft entwickelt.

     

    Hier ist viel Potenzial aber auch noch sehr viel Hilfe und Überzeugungsarbeit vor Ort nötig.

  • T
    TOM

    Wo ist die Weltgemeinschaft die ruft: "Wir werden Ihn jagen und kriegen, tot oder Lebendig!" Wo ist die Welt die ihn aus seinem Loch rauszerrt und aufhängt? Wo der Einmarsch in das Serbische Land um Ihn Dingfest zu machen? Halt ne, das war ja der Irak....