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Gedankenspiel einer taz-Neugründung (1): Emily Laquer Die gedruckte Zeitung ist tot

Medienprofi Emily Laquer hat neun Thesen für die Zukunft des Zeitungsmachens. Klar ist: Online first, mehr Vielfalt – und öfters in Süddeutschland.

Emily Laquer trumpft mit einem unverstellten Blick auf Zeitungen Foto: dpa

Aus der taz | Ich muss dir etwas gestehen: Ich habe diesen Text mit ChatGPT geschrieben. Ok, die Ideen sind von mir. Aber der erste Entwurf? Du würdest staunen, was künstliche Intelligenz kann. Was sagt das über die Zukunft des Journalismus aus?

Eins ist klar: Würden wir die taz heute gründen, wäre sie bestimmt nicht aus Papier. Kann man traurig finden, aber: Selbst Boomer lesen sie jetzt auf dem Tablet. Aber bloß, weil die gedruckte Zeitung stirbt, müssen wir nicht gleich die taz begraben. Es folgen 9 Thesen für’s Zeitungmachen von heute.

1. Digital First

Heute müssen Artikel von Anfang an digital gedacht werden: als TikToks, Podcasts, Livestreams.

2. Auf Schnelligkeit setzen

Eilmeldungen und Liveticker hole ich mir bei Medienhäusern, die schneller sind als die taz. Leser*innen erwarten News in Echtzeit.

3. In Investigativjournalismus investieren

Journalist*innen schauen den Mächtigen auf die Finger. Zumindest theoretisch. Denn Investigativrecherche ist teuer. Aber eine Welt ohne Panama Papers oder Correctiv-Recherche? Will ich mir nicht vorstellen.

4. Starker Lokaljournalismus

Das vielleicht beliebteste Zeitungsabo? Die Lokalzeitung. Wir wollen wissen, was bei uns zu Hause los ist. Die taz von morgen ist gleichzeitig global und vor Ort. Ja, auch in Süddeutschland!

5. Kontroverse Live-Veranstaltungen

Wer mal im Hamburger taz Salon war, weiß: Dort ist immer volles Haus. Logisch: Je mehr sich unser Leben ins Internet verlagert, desto mehr sehnen wir uns nach echter Begegnung. Mehr davon, kontroverser und brisanter. Natürlich mit Livestream.

Emily Laquer

Medienstrategin, Interview-Trainerin und Coach bei Hartaberlinks, wo sie über 2.000 Ak­ti­vis­t*in­nen trainiert hat.

6. Lebendige Community schaffen

Es gibt noch Leute, die Leserbriefe schreiben. Aber echter Dialog entsteht daraus nicht. Heute würden wir die taz als soziales Medium aufbauen, in dem geliked, geteilt und kommentiert wird.

7. Echte Beteiligung

Remember Indymedia? Aktivist*innen haben Bock, mitzugestalten. Mit ehrenamtlichen Livetickern, Aktionsberichten, Debattenbeiträgen. Nicht vergessen: Nach Feedback fragen und zur Blattkritik einladen.

8. Diversity ist nicht out

Wer kann es sich leisten, mit schlecht bezahlten Praktika Journalist*in zu werden? Redaktionen müssen die Vielfalt der Gesellschaft abbilden. Das macht auch die Berichterstattung besser.

9. Ein Spotify für linke Zeitungen

Es wäre ein Traum: ein Abo mit Zugriff auf alle relevanten linken Medien. Schluss mit Bezahlschranken-Frust. Ob und wie sich das rechnet? Gute Frage, die andere beantworten müssen. 🐾