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Gebremster Ausbruch

■ NDR Studio 10: Dieter Glawischnig vertonte Gunter Falck

Zusammen mit bekannten Schriftstellern wie Peter Handke oder Ernst Jandl prägte der 1983 verstorbene Gunter Falk die Grazer Literaturszene. Eine Szene, die immer schon ihre eigenwillige Verbindung zur Musik hatte: anders als in Wien orientierte man sich weniger am klassischen Erbe, sondern griff zu den neuen Formen der Beat- und Swingmusik. Den Texten von Gunter Falk verleiht diese Verbindung zur Musik eine gewisse Melancholie: „eines morgens als die sonne und nicht nur sie langsam unterging.“ Zum existentialen, ja existentialistischen Bestandteil wird hier das, was im Jazz die Blue notes sind.

Eine vorgezeichnete Verbindung dieser Poesie zum „emotionalen Klima von Jazz und improvisierter Musik“ hat Jazzkomponist, Dirigent und Pianist Dieter Glawischnig genutzt und mit der NDR-Bigband kompositorisch umgesetzt: neben den drei kürzeren Stücken Hias, Ostinato und Höfling 23 präsentierte er Die dunkle Seite des Würfels nach Texten von Falk im Studio 10 vor begeistertem Publikum. Maßgeblich unterstützt wurde Glawischnig am Klavier vom Schlagzeuger Tony Oxley und besonders hervorzuheben von dem selbst als Komponist arbeitenden Geiger Andreas Schreiber; drei Musiker, die seit einiger Zeit als die Gruppe CERCLE wirken.

Die Bigband des NDR bildete nicht nur den klanglichen Rahmen, sondern auch den stilistischen, was den Kompositionen Glawischnigs nicht immer zum Vorteil gereichte: zu oft war der Hörer auf die Extreme von Freejazz-Elementen und typischen Bigband-Sound verwiesen. Eine dynamische Überschreitung der stilistischen Grenzen der Jazzmusik, die genau zwischen diesen Extremen gelegen hätte, kam nur selten zum Ausbruch; die Texte, vom Schauspieler Wolfram Berger vorgetragen, haben aber mehr Ausbruch provoziert.

Roger Behrens

Ein Hörfunkmitschnitt des Konzertes wird auf NDR 4 am 19. März um 22.05 Uhr zu hören sein

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